Original, also von Joseph Hellmer selbst, ist an dieser Laute nur noch die Muschel aus hellen und dunklen Eibenspänen. Das ist aber nur musikhistorisch von Belang. Denn Nico von der Waals restaurierte dieses 1601 in Füssen gebaute Instrument so fachmännisch, dass der Klang wieder jenem aus der Entstehungszeit gleich kommt.
Durch Renaissance und Frühbarock
Und so tönte die Laute im Rahmen des Festivals „Vielsaitig“ unter Sigrun Richters virtuosen Händen wie vor gut 400 Jahren und führte die Zuhörer auf eine Zeitreise durch Renaissance und Frühbarock. Der Kaisersaal des Füssener Barockklosters St. Mang bot dazu akustisch und optisch die ideale Kulisse. Richter wählte Werke italienischer Komponisten aus Städten, die mit Füssen in Verbindung standen. Gab es doch damals einen regen Austausch zwischen den Füssener Lautenbauern und ihren Abnehmern in Norditalien.
Harmonie in Kriegszeiten
Namen wie Emilio Cavalieri oder Lorenzino Trecetti sagen uns nichts mehr. Ihre Musik allerdings spricht noch heute zu uns. Birgt sie doch die Ruhe (in den langsamen Sätzen) und Spielfreude (in den munteren) einer vergangenen Epoche. Die Musik dieser Zeit war wohl auch deshalb so heil und harmonisch, weil die Menschen als Kontrast zu Krieg und Bedrohung ihrer Harmonie und Ordnung bedurften. Wir erlebten, wie die Musik damals innerhalb eines Jahrhunderts förmlich explodierte. Von noch mittelalterlich-kargen Anfängen, den Tonumfang des 15-saitigen Instruments kaum nutzend, bis zu barock volltönenden Klangfesten, auf sonoren Tiefen der Laute aufbauend. Von musikantischen Tänzen bis zur polyfon verschlungenen Kunstfertigkeit eines Girolamo Kapsberger war alles dabei, was jene Epoche zu bieten hat. Überschwang und Einkehr.
Einen Namen aus diesem Programm kennt jeder: Komponist Vincenzo Galilei war der Vater des berühmten Galileo. Hochinteressant, in welchen geradezu romantischen Sätzen Vincenzo über die Natur schwärmt. Ihre Kraft und Schönheit versuchte er in Klängen auszudrücken. Hier entdeckt jemand lustvoll die Welt. Renaissance pur.
Bewegendes Zeitzeugnis
Ein bewegendes Zeitzeugnis war auch das letzte Stück des Programmes. Seine Battaglia (Schlachtenerzählung) führte Pierre Gaultier, nach dem Wogen der Heere, nicht, wie damals üblich, zu einem triumphalen Ende („The winner takes it all“). Nachdenklich, ja beinah chaotisch verklingt diese Komposition. Eines der ersten Anti-Kriegs-Stücke unserer Kultur. Mit einer speziellen Tabulatur-Notation werden dem Spieler die verschiedenen Klangfarben bis hin zu Geräuschen vermittelt.
Mit „Dowlands Midnight“ als Zugabe endete diese faszinierende Reise durch eine längst vergangene, in ihren Klängen immer noch lebendige Epoche.