Zum 46. Mal hat Professor Julius Berger das alte Jahr mit stimmungsvollen Celloklängen nach dem Jahresabschlussgottesdienst in der Füssener Pfarrkirche St. Mang ausklingen lassen. Für Stadtpfarrer Frank Deuring ist dies eine wunderschöne Tradition und Besinnung zum Ende des Jahres. Bereits der Gottesdienst wurde mit der „Pastorale“ aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach und dem ergreifenden „Andante“ aus der Sinfonia Concertante von Wolfgang Amadeus Mozart musikalisch bereichert. Ausführende waren Gabriel Reinhold (Violine), Wolfgang Berger (Viola) und Helene von Rechenberg (Orgel).
2024 gesehen „aus der Brille der Kirche“
Pfarrer Deuring blickte in seiner Predigt auf das vergangene Jahr „aus der Brille der Kirche“ zurück. Vor allem die Corona-Pandemie war in seinen Augen für die Kirche eine Sturmflut. 2024 musste die Kirche Zu den Acht Seligkeiten profaniert werden: „Dies ist ein Beleg für den Schwund der Gläubigen. Die wenigen Gottesdienstbesucher waren in diesem großen Gotteshaus verloren.“ In der Pfarreiengemeinschaft gab es heuer deutlich weniger Trauungen und Taufen. Deuring bedauerte auch die Diskussion um das Aufstellen von Kreuzen in Häusern und auf Berggipfeln. Er freute sich, dass Papst Franziskus zu Weihnachten das Heilige Jahr ausgerufen hat, das unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ steht. So ein Hoffnungsanker ist für Deuring der Theologe Dietrich Bonhoeffer, der trotz seiner aussichtslosen Lage im KZ Worte der Hoffnung fand.
Besondere Ehrung für Julius Berger
Diese Hoffnung griff Julius Berger in seinem gut halbstündigen Konzert auf, das er auswendig auf seinem Violoncello präsentierte. Ihm wurde erst am 28. Dezember eine besondere Ehre zuteil: Für seine über 30 Jahre dauernde Tätigkeit als Leiter des Musikfestivals in Asiago erhielt er vom dortigen Bürgermeister Roberto Rigoni Stern und dem Festivalsponsor Roberto Brazzale die Ehrenbürgerwürde der venezianischen Stadt verliehen.
Alle technischen Möglichkeiten des Cellos ausprobiert
Berger begann sein Konzert in Füssen mit einem Choral. Es folgte als Hauptwerk die erste Solosuite G-Dur für Violoncello von Johann Sebastian Bach (BWV 1007). Sie stellt höchste Ansprüche an den Solisten. Bach wollte damit alle technischen Möglichkeiten dieses Instruments ausprobieren. Die Suite beginnt mit dem bekannten Prélude mit prägnanten Dreiklangsbrechungen, die der Solist gekonnt bewältigte. Die sich daran anschließende Allemande lebt von einem langen Melodiebogen. Barocke Lebensfreude vermittelte die Courante. Die Sarabande ist ganz von wunderbaren Akkorden geprägt, die über mehrere Saiten gegriffen werden müssen. Höfische Eleganz vermittelte das tänzerische Menuett, auch wenn der Mittelteil in Moll die festliche Stimmung ein wenig eintrübt. Große Virtuosität zeigte der Cellist noch einmal in der schwungvollen Gigue, die dieses großartige Werk abschließt.
30 Vogelarten feiern die Geburt des Gottessohnes
Den Schlusspunkt setzte Berger mit dem katalanischen Weihnachtslied „Cant dels Ocells“ („Gesang der Vögel“) des spanischen Ausnahmecellisten Pablo Casals, in dem über 30 Vogelarten die Geburt des Gottessohnes feiern. Mit diesem Stück beendete Casals alle seine Konzerte im Exil. Es endet in der höchsten Lage mit einem Flageolettton. Auf Wunsch Bergers sollten die Zuhörer keinen Beifall spenden. So endete die hoffnungsvolle Stimmung mit dem Glockengeläut der Pfarrkirche St. Mang. Gerührt von den wunderschönen Celloklängen verließen die Zuhörer leise die Kirche. Die eingesammelten Spenden kommen dem Kinderhospiz Allgäu zugute.
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