Unverständnis bei der Oberstdorfer Bergwacht: Seit Mitte September mussten die Allgäuer Bergretter zu rund 15 Einsätzen ausrücken, bei denen Wanderer ihre Tour nicht ausreichend geplant hatten und schlecht vorbereitet waren. Die Vorfälle, die die Bergwacht auf Facebook postete, bezeichneten die Retter teils als „schier unglaublich und belastend“.
Gleich zwei Pärchen mussten die Ehrenamtlichen im Bereich des Krumbacher Höhenweges helfen. Die vier Menschen steckten im brusthohen Schnee fest. Wenige Tage später wähnten sich zwei junge Wanderer in dem Glauben, im Bereich des Gaißfußes eine Abkürzung zu gehen. In dem weglosen Gelände „überraschte die beiden die Dunkelheit“, außerdem hatten sie nicht mit den steilen Felsabbrüchen gerechnet.
„Plötzliche Dunkelheit“ überrascht Wanderer oftmals in Oberstdorf
„Speziell die Einsätze mit der Meldung „von plötzlicher Dunkelheit überrascht“ nehmen zu“, schreibt die Bergwacht Oberstdorf in ihrem Post. Hierbei könne keiner App oder Wegbeschreibung aus einem Internetforum die Verantwortung beigemessen werden. Vielmehr stünde jede und jeder in der Verantwortung, bei der Tourplanung Gegebenheiten wie das Wetter, die Jahreszeit und vor allem die persönliche Erfahrung ehrlich zu berücksichtigen, betont die Bergwacht.
Wie die beiden jungen Wanderer wählte auch eine Frau keinen einfachen Weg, die über den Schattenberggrat zur Bergstation der Nebelhornbahn aufsteigen wollte. Wer hier lang möchte, muss schwindelfrei sein und sehr trittsicher. Die Bergwacht Oberstdorf sagt: „Von einem „normalen“ Wanderweg kann nicht gesprochen werden.“
Ohne Ausrüstung bei strömendem Regen im Oberallgäu biwakieren
Die Bergretter fanden die Frau schließlich weit entfernt von ihrer ursprünglichen Route im Bereich des Seealpsee. Sie war komplett unterkühlt und durchnässt. Ähnlich erging es Ende September zwei Wanderern, die beim Gaisalpsee biwakieren wollten. Obwohl dabei ohne Zelt und unter freiem Himmel geschlafen wird, hatten sich die beiden Frauen in strömendem Regen auf den Weg gemacht. Kurz vor Mitternacht setzten sie den Notruf ab. Die Bergwacht fand bei den durchnässten und frierenden Frauen keinerlei Ausrüstung, um im alpinen Gelände, zumal bei Regen, ein Biwak erreichen zu können.
Verwunderung bei den Rettern löste eine Einsatzmeldung Mitte Oktober aus. Im Bereich der Seewände, unterhalb des Seealpsee, brauchten ein Vater und sein Sohn Hilfe. Sie waren bei widrigem Wetter mit ihren E-Bikes unterwegs. Eine offizielle Radroute gibt es in dem Gebiet nicht, gibt es dort doch keine Wege und die steilen Grasflanken führen über Felsabbrüche. An mehreren Stellen waren Schilder mit Totenköpfen vor dem gefährlichen Terrain.
Verbotene E-Bike-Tour bei Oberstdorf geplant - ohne Ortskenntnis
Woher hatten die zwei Urlauber, die sich in der Gegend nicht auskannten, die Idee für ihre Biketour? „Sie hatten den zu dieser Zeit bereits offiziell verborgenen Track in einem Onlineportal entdeckt“, so die Bergwacht Oberstdorf. Die vorgesehene Route führt über die sehr steile Bergstraße zur Station Höfatsblick, über den Zeigersattel zum Seealpsee und weiter über den sehr ausgesetzten Gleitweg ins Oytal und wieder zurück nach Oberstdorf.
„Die Liste zu solch vermeidbaren und unnötigen Einsätzen könnte allein im Bereich um Oberstdorf noch recht lange weitergeführt werden“, so die Bergwacht Oberstdorf. „Wichtiger jedoch scheint uns die Botschaft, welche anhand dieser Beispiele, und ohne Verurteilung der einzelnen Personen, durch diese Vorfälle aufgezeigt werden kann.“ Viele Einsätze hätten vermieden werden können, wenn die Menschen sich sicher hätten orientieren können. Zwar seien sie grundsätzlich gut ausgerüstet gewesen. „Apps, GPS-Geräte, teils Papierkarten, Auszüge aus Internetbeschreibungen und Führerliteratur waren oftmals vorhanden“, sagt die Bergwacht. Der Umgang damit sei jedoch nicht sicher gewesen.
Bergwacht Oberstdorf: Insbesondere Neulinge sollten sich langsam an die Materie herantasten“
Die Bergwacht appelliert an die Eigenverantwortung am Berg: Unternehmungen in den Bergen sollten den eigenen Fähigkeiten entsprechen. Die vorherrschenden Bedingungen, also das Wetter und die Schneeverhältnisse, die Tageszeit und die Temperatur müssten berücksichtigt werden. „Insbesondere als Neuling im Gebirge“, so die Bergwacht, gelte es, sich „langsam an die Materie heranzutasten.“
Selbst wenn die Fitness für lange Herbsttouren ausreichen sollte, müssten weitere Faktoren berücksichtigt wernde. Neben der Länge einer Route sollten etwa zugefrorene Bachläufe, Schnee und geschlossene Hütten in der Tourplanung berücksichtigt werden. Seitens der Alpenvereine, der Gemeinden in Bergsportregionen und der Bergschulen gebe es seit Jahren Angebote, die Neulingen in diesen Themengebieten Unterstützung bieten.
„All diese Mütter, Väter, Partner und Kinder von irgendjemandem, helfen, egal ob ehrenamtlich oder berufsbedingt, gerne Menschen in Notsituationen“, so die Bergwacht Oberstdorf. „Noch viel lieber ist ihnen, wenn sie nicht zu vermeidbaren Einsätzen aufgrund von Selbstüberschätzung oder falscher Tourenplanung aus ihrem Alltag gerissen werden.“
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