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Ein Bild lässt die Freundschaft wanken

Schafmeister:

Ein Bild lässt die Freundschaft wanken

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    Kunst_8_Heinrich Schafmeister, Leonard Lansink
    Kunst_8_Heinrich Schafmeister, Leonard Lansink Foto: Juergen Frahm

    Serge hat für viel Geld ein Bild gekauft. Außer weiß ist nicht viel zu sehen. Sein Freund Marc kann das nicht verstehen. Er bezieht den dritten Freund, Yvan, mit ein, will, dass er ihn in seiner Meinung bestätigt. Das ist der äußere Anlass für eine Auseinandersetzung um die Freundschaft des Trios. Yasmina Reza, die meistgespielte zeitgenössische Theaterautorin, hat die Komödie „Kunst“ geschrieben. Das Euro-Studio Landgraf gastiert auf Einladung der Kulturgemeinschaft Oberallgäu mit dem Stück am kommenden Freitag in Sonthofen. Neben Leonard Lansink (Marc) und Luc Feit (Serge) spielt Heinrich Schafmeister den Yvan. Mit ihm sprach Veronika Krull.

    Sie spielen die Rolle des Yvan. Wie haben Sie sich in die Figur hineingedacht?

    Naja, wie es bei anderen Rollen auch ist: Man muss sich darüber klar werden, wie er denn so ist. Der eine der drei Freunde findet ja das Bild gut, der andere hält es für Scharlatanerie. Das ganze Stück geht ja um Freundschaft. Yvan will einfach Freundschaft um der Freundschaft willen. Meine Rolle ist schön zu spielen. Ich muss im Leben ja immer Haltung zeigen, auch als Gewerkschafter, doch als Yvan darf ich keine Meinung haben.

    Was war für Sie die größte Herausforderung?

    Das Stück ist relativ kurz, es dauert nicht lange. Aber es hat ungefähr die dreifache Menge an Text wie bei vergleichbaren Stücken. Es ist ein französisches Stück, sehr geistreich, sehr schnell, im besten Sinn ein Boulevardstück für den Wohlstandsbürger, intelligenter als man selbst. Aber es ist viel Text, wenn man sich da verheddert … Aber toi, toi, toi – bis jetzt ist immer alles gut gegangen. Es ist jetzt die vierte Staffel, wir spielen es jedes Jahr immer so Anfang Januar, das sind dann jeweils 30 bis 40 Vorstellungen, in einem durch. Wir sind jeden Tag an einem anderen Ort, heute in Laufen, gestern bei Pforzheim, davor in Rheine.

    Das Stück wurde 1994 uraufgeführt. Das ist mehr als 25 Jahre her. Muss man das Stück modernisieren?

    Nein, muss man nicht. Weil die Auseinandersetzung jetzt schon ein Klassiker ist. Es geht um Freundschaft, es hängt nicht an Dingen, die zeitgeistmäßig sind. Wenn ich an dem Stück etwas zu kritisieren hätte, dann, dass es den Titel „Kunst“ trägt. Es ist ein französisches Stück, und in Frankreich sind Kunst und Humor kein Widerspruch. Und es ist ja ein sehr humorvolles Stück. Der zweite Nachteil: Das Stück ist von einer Frau geschrieben, es werden auch wahnsinnig viele Frauen erwähnt, aber auf der Bühne stehen drei Männer. Sie hat das aber sehr gut wiedergegeben. Ich kenne so viele Stücke von Klassikern, von Männern, die tolle Frauenfiguren beschrieben haben. Warum soll das nicht umgekehrt gehen? Ich fühle mich jedenfalls nicht missverstanden. Ich glaube, man versteht sich selbst am wenigsten. Das ist so die Krankheit unserer Zeit, dass man glaubt, man könne nur das eigene Geschlecht verstehen.

    Kennen Sie noch andere Stücke von Reza? Warum ist sie Ihrer Meinung nach so erfolgreich?

    Ich kenne andere Stücke, ich finde sie alle sehr geistreich. Aber ich finde dieses Stück eigentlich am besten. Weil wir es so oft spielen, dass es in Fleisch und Blut übergegangen ist. Nochmals zu Kunst und Humor: Es gibt ja das Vorurteil, die Deutschen hätten keinen Humor. Das stimmt so nicht. Aber die Deutschen sind Schubladendenker: Entweder geht es um Unterhaltung oder Kunst. Ein Beispiel: Der Regisseur René Heinersdorff hat mir mal erzählt, dass er in seinem Boulevardtheater in Düsseldorf auf Anordnung der Stadt an Karfreitag eine Komödie nicht spielen durfte. Aber am Schauspielhaus durfte das gleiche Stück an Karfreitag gezeigt werden. Weil das Schauspielhaus den Ruf hat, für Kunst zu stehen. In Deutschland wird eben unterschieden zwischen Unterhaltung und Ernst. Unterhaltung ist etwas Blödes. Das ist eine Unterscheidung, die kein anderes Volk macht. Ich sage. Es gibt keine Kunst ohne Unterhaltung, und keine Unterhaltung ohne Kunst. Nur so kann es funktionieren.

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