Gleich beim Betreten der Stadthausgalerie in Sonthofen wird man von Christoph Franke „zu einer Begegnung mit dem Naturwesen Baum“ eingeladen. Mithilfe von Mehrfachbelichtungen verwandelt Franke die Bäume von reinen Naturobjekten zu etwas Wesenhaftem, Abstrakterem. Auch die Bilder von Diemud von Funck wirken auf den ersten Blick wie abstrakte Malereien. Tatsächlich sind es Fotografien durch beschlagene Scheiben, die das Objekt dahinter nur erahnen lassen.
Die Ausstellung „Fotografie im Wandel“ präsentiert die Arbeiten von zwölf Fotokünstlerinnen und Fotokünstlern, die alle auf ihre eigene Art und Weise faszinieren, berühren und dabei die Vielseitigkeit der Fotografie deutlich machen.
Wolf Heider-Sawall porträtiert eindrücklich berühmte Persönlichkeiten. Für ihn liegt der Reiz der Fotografie darin, das Wesen der Menschen sichtbar zu machen und Momente festzuhalten, in denen sie ihre Persönlichkeit zeigen.
Einsatz Künstlicher Intelligenz
Mit ihrem Video „Marionette“ beweist Erika Kassnel-Henneberg, was mit künstlicher Intelligenz möglich ist. Das Foto einer jungen Frau wird zum Leben erweckt, sie spricht den Betrachter an und lächelt, während im Hintergrund KI-generierte Musik läuft. Auch Tobias Melle verbindet Musik und Fotografie: Er unterlegt Beethovens „Pastorale“ mit stimmigen Bildfolgen, aus denen auch seine Verbundenheit mit der Natur spricht.
Kees van Surksums Bilderserie „Energielandschaften“ zeigt, wie zur Energieversorgung benötigte Technologien die Landschaft verändern. Dass diese Veränderungen nicht unbedingt negativ sein müssen, sondern auch mit einer gewissen Ästhetik einhergehen können, belegt beispielsweise die Fotografie „Fata Morgana“: Die Windräder im Hintergrund verschwimmen zu interessanten, beinahe abstrakten Formen.
Das Sichtbarwerden von Zeit
Der Münchner Fotograf Lothar Schiffler widmet sich in seiner Arbeit Themen wie Bewegung und Visualisierung von Zeit. In Sonthofen zeigt er unter anderem das faszinierende Projekt „Airlines“. Die Fotos bilden die Flugbahnen verschiedener Vögel ab. Das gelingt mithilfe moderner Technik, die es ermöglicht, Einzelbilder aus Videos zu einem exakten Bewegungsverlauf zu rekonstruieren.
Im "Generationentunnel"
Zwischen den Fotografien gibt es auch mehrere Installationen von Max Schmelcher zu sehen, so zum Beispiel den „Generationentunnel“. Bestehend aus alten Fotos, die Schmelcher auf dem Dachboden seines Elternhauses gefunden hat, ist der begehbare Tunnel eines der faszinierendsten Stücke der Ausstellung. Die Bilder zeigen Menschen zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, fotografiert von Schmelchers Großvater.
Margret Paal stellt in der Galerie unter anderem das Langzeitprojekt „Hauptstraße 13“ aus. Für das Projekt reiste die Künstlerin durch alle Bundesländer, um dort Häuser mit der Adresse „Hauptstraße 13“ zu finden und zu fotografieren. Dabei erfuhr sie viel über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Bundesländer, die auch in ihren Bildern ersichtlich sind.
Wie „Hauptstraße 13“ stellt auch die Fotoserie „Mittlerer Ring“ von Olaf Wiehler alltägliche, auf den ersten Blick unscheinbare Lebensräume von Menschen dar. Die Schönheit und Besonderheit liegt in den Geschichten der Menschen, die dort leben und deren Verbindung zu ihrer Umgebung. Diese Verbindung möchte Wiehler mit seinen Fotografien zeigen.
Das isolierte Individuum
Im Gegensatz dazu richtet Bella Kilians Serie „Passers-by“ den Blick auf anonyme Individuen in der Großstadt, die zwischen Passanten und Architektur isoliert und entfremdet wirken.
Zwischen den Großstadtszenen hängen die Felsformationen, die Felix Huber in seiner Serie „Monuments“ fotografiert hat. Dank Langzeitbelichtung wirken sie trotz ihrer Massivität schwerelos in den tosenden Wellen.
Öffnungszeiten: „Fotografie im Wandel“ bis Sonntag, 13. August, mittwochs bis sonntags, jeweils 14 bis 17 Uhr, Stadthausgalerie Sonthofen.
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