Die Silbermedaille bei der Junioren-Weltmeisterschaft war ein Überraschungs-Coup - für die Sonthofer Ski-Langläuferin Anna Endreß kann sie aber der Auftakt zu einer großen Karriere werden. „So ein Großereignis ist cool – wenn so viele verschiedene Nationen alle die gleiche Leidenschaft teilen, ist das ein ganz anderes Universum“, erzählt Endreß von der Junioren-WM im italienischen Schilpario. Ihr Erfolg ist umso höher einzuschätzen, da der Wettkampf für die junge Oberallgäuerin, die heute für den Skiclub Gunzesried startet, der erste Einzel-Start in einem internationalen Teilnehmerfeld war.
Endreß erfährt erst zwei Tage vor der WM von ihrem Start
Während der Großteil der Teilnehmer der U20 angehörte und im Zuge dessen regelmäßig Europacups läuft, gehört die 17-jährige Gunzesriederin noch der U18 an und bestreitet ihre Wettkämpfe auf deutscher Ebene. „Das Niveau war für mich neu“, sagt Anna Endreß, die vor der Junioren-WM drei Siege im Deutschland-Pokal feierte. Diese Erfolge brachten ihr letztlich auch die Nominierung für die JWM ein. Die 17-Jährige erfuhr erst zwei Tage vor der Abfahrt nach Italien, dass sie mitdurfte. Daher hatte sie im Hinblick auf eine spezielle Platzierung auch keine Erwartungen. „Ich wollte Erfahrungen sammeln und Spaß haben“, gesteht sie und begründet: „Ich war ja schon froh, als U18-Athletin überhaupt dabei sein zu dürfen.“ Von der Tatsache, dass sie jetzt sogar mit der Silbermedaille im Gepäck nach Hause gekommen ist, ist Endreß immer noch überwältigt.

Die junge Junioren-Vizeweltmeisterin hat auch einen überraschenden sportlichen Werdegang im Vergleich zu den meisten anderen ambitionierten Nachwuchssportlern. Anna Endreß stammt zwar aus einer sportlichen Familie, war anfangs aber auf Alpinskiern unterwegs - und das nicht mal besonders leistungsorientiert. Letztlich war es die Pandemie und die damit verbundene Schließung der Skilifte, die sie dazu brachte, von „Alpin“ auf „Nordisch“ umzusteigen. Allerdings könnte sie sich auch nicht mehr vorstellen, alpine Rennen zu bestreiten.
Jessica Dotzler weckt in Endreß das Langlauf-Fieber
Was das Langlaufen angeht, erinnert sie sich daran, dass in der Grundschule einmal jährlich Team-Wettbewerbe ausgetragen wurden, bei denen ein Parcours zu absolvieren war und die Schüler zudem mit dem Ball auf eine Scheibe werfen mussten. Obwohl sie das „cool“ fand, war Anna Endreß als Kind nie viel auf Langlaufskiern unterwegs. Die 17-Jährige gesteht, dass sie früher sogar „ein richtiger Sportmuffel“ war.
Von Freunden animiert, schloss sie sich der Trainingsgruppe des SC Sonthofen an und wurde durch Jessica Dotzler vom Langlauf-Fieber gepackt. „Es ist ein Segen, dass sie mir den Weg freigemacht hat“, sagt Anna Endreß. Zudem betont sie, welch großes Glück sie bisher mit allen ihren Trainern hatte und hebt dabei vor allem ihren jetzigen Coach, Christian Dotzler, hervor: „Ich könnte mir keinen anderen vorstellen.“

Nach einigen Auftritten beim Geiger-Cup fuhr Endreß in der U16 in der Sommerwertung beim ersten Deutschland-Pokal mit. Anfangs lief es ergebnistechnisch zwar noch nicht gut, „ich habe mich aber jedes Jahr einen Schritt weiterentwickelt“, sagt Endreß, die im Vorjahr ihren ersten Deutschland-Pokal gewinnen konnte. Anfangs besuchte die Schülerin das Gymnasium Immenstadt, in der neunten Klasse wechselte sie nach Oberstdorf. Da sie der dortigen Sportlerklasse angehört, lassen sich Schule und Sport für die 17-Jährige recht gut verbinden. In der Wintersaison steht nachmittags fast täglich eine Trainingseinheit an.
Gunzesried empfängt die Vize-Junioren-Weltmeisterin
Alle zwei Wochen geht es während der Saison zudem zu einem Wettkampf, zu dem sie meist schon am Freitagmorgen anreisen und erst Sonntagabend wieder heimkommen. Nach ihrem Erfolg bei der Junioren-WM wurde sie in der Heimat mit einem besonderen Empfang überrascht.
„Als ich im Dorf den Banner von mir entdeckt habe, war ich den Tränen nahe und dann waren da noch so viele Leute mit Fackeln, Skiern und Schellen – das war brutal, einfach der Wahnsinn“, schwärmt die Vize-Junioren-Weltmeisterin, die aus Heimatverbundenheit für den SC Gunzesried startet. Ihr Erfolg sei eine Bestätigung dafür, dass sich die Trainingsarbeit auszahlt, sagt Endreß. Sie sei sich jedoch bewusst, dass damit auch der Erwartungsdruck auf sie steigt. „Ich gebe weiter mein Bestes. Jetzt kommt es auf die Kunst an, mit dem Erwartungsdruck umzugehen, aber da hilft mir Christian dabei“, sagt Anna Endreß, auf die schon bald die nächste Herausforderung wartet. In der kommenden Saison gehört sie der U20 an.
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