Der Gardasee ist bekannt für seine unzähligen Badestellen und seine vielen Wanderwege. Auch Radtouren um den Gardasee erfreuen sich großer Beliebtheit bei Touristen. Doch den Projektplanern des im Bau befindlichen Fahrradwegs "Ciclopista del Garda" oder auch "Garda by Bike" reicht das nicht. Schon in wenigen Jahren soll der Gardasee einer der größten Fahrrad-Hotspots in Europa sein. Bis 2026 soll ein Fahrradweg entstehen, der eine komplette Seeumrundung ermöglicht.
Was auf der Tourismus-Webseite des Gardasees als eines der "spektakulärsten Radwegprojekte Europas" angepriesen wird, nennen andere ein "Ungetüm aus Stahl", ein Millionengrab, das die Naturlandschaft am Gardasee zerstört und sogar Lebensgefahr für den Menschen birgt. Alle wissenswerten Informationen zum Fahrradwegprojekt am Gardasee, lesen Sie hier.
Fahrradweg am Gardasee: 140 Kilometer Umrandung um den See
Ein Fahrradweg am Gardasee, dem größten und tiefsten See Italiens, der die Regionen Trentino, Venetien und Lombardei verbindet, wird derzeit kontrovers diskutiert. Bisher stehen sich Befürworter, Umweltschützer und andere Kritiker des Projekts unversöhnlich gegenüber, wobei letztere Gruppe zahlenmäßig Zulauf hat, wie ein jüngst erschienener Bericht der überregionalen Zeitung La Republicca zeigt. Der Grund? Ein riesiges Infrastrukturprojekt am lago di garda, das den See vollständig mit einem Fahrradweg umranden soll und bereits an einigen Abschnitten abgeschlossen ist, wie die Berliner Morgenpost schreibt.
Insgesamt planten die Initiatoren des Giga-Projekts eine Strecke von rund 140 Kilometern um den Gardasee. Geplant ist außerdem, so die Hauptstadt-Zeitung, dass der Bau 2026 abgeschlossen sein soll. Befürworter sagen dem Vorhaben enormes wirtschaftliches und touristisches Potenzial voraus. Für Kritiker überwiegen allerdings die Nachteile. Gerade im Norden bereitet der Bau des Fahrradwegs zudem gewisse Schwierigkeiten.
Fahrradweg am Gardasee: Bauprojekt vor kompliziertestem Teilabschnitt
Der Rad- und Fußweg von Limone sul Garda in Richtung Norden, der am Felsen des Westufers befestigt ist, soll laut der Hauptstadt-Zeitung bereits eine Länge von zwei Kilometern erreicht haben. Geradelt wird hier auf der sogenannten "Ciclopedonale" 50 Meter über dem Wasser an einer steilen Felswand entlang. Weitere fünf Kilometer nach Riva del Garda fehlten allerdings noch.
Insgesamt stockt der Bau am Großprojekt dort, wo er sich laut Berliner Morgenpost aufgrund der geografischen Bedingungen als besonders schwierig gestaltet. Anspruchsvolle Bauarbeiten seien demnach vor allem am unzugänglicheren Nordzipfel des Sees zu erwarten. Denn hier ragen dicht am Gewässer riesige Felswände steil hinauf - für nicht wenige Gardasee-Fans gehört diese Gegend zum schönsten, was der lago di garda landschaftlich zu bieten hat.
Fahrradweg am Gardasee: Kritiker beklagen Zerstörung und Verschandelung der Natur
So kommt es nicht unerwartet, dass Einheimische und Umweltschützer unter anderem die Auswirkungen auf die Natur und die "Verschandelung der Landschaft" monieren. Der Radweg sei "ein stählernes Ungetüm mit hohem Risiko für das Leben der Menschen, mit exorbitanten Kosten und dazu bestimmt, eine der schönsten Landschaften der Welt für immer zu entstellen", zitierte die Zeitung La Repubblica in ihrem jüngsten Bericht einen Kritiker des Großprojekts. Gefahr für den Menschen sei laut der italienischen Umwelt-Zeitung greenme.it vor allem in den nördlichen Abschnitten gegeben, die als "geologisch hochgradig gefährdet eingestuft sind und häufig von Steinschlag und Erdrutschen bedroht sind".
Doch auch der Umweltschutz soll bei der Planung völlig außer Acht gelassen worden sein. "Dieses Projekt ist unter dem Gesichtspunkt des Risikos und der Landschaft eine Katastrophe. Es ist nicht durchführbar, da die Risikofaktoren sehr hoch sind. Können wir so etwas unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit vorschlagen?", kritisierte etwa Paolo Pileri, Professor für Raumplanung am Polytechnikum Mailand, laut greenme.it auf einer Veranstaltung bei einer Senatsanhörung im Februar dieses Jahres. Der Uni-Professor zeigte sich erstaunt über "das völlige Fehlen von Umwelt- und Landschaftsbewertungen bei der Entwicklung des Projekts, bei dem es allein um technische Lösungen geht."
Umstrittener Radweg am Gardasee – Kosten aus dem Ruder gelaufen: "Acht Millionen Euro pro Kilometer"
Kritisiert werden aber nicht nur die Auswirkungen für Mensch und Natur des Fahrrad-Großprojekts am Gardasee. Auch die völlig aus dem Ruder gelaufenen Kosten seien nicht mehr tragbar, wie Paolo Pileri gegenüber La Repubblica mahnt. So sei ein Kostenvoranschlag im Jahr 2017 noch mit rund 194 Millionen Euro für den Radwegausbau angegeben worden. Während der Bauzeiten stiegen die Kosten dann immer weiter an, 2021 auf 292 Millionen, 2022 auf 344 Millionen und 2024 schließlich auf über eine Milliarde Euro. "Der Durchschnittspreis liegt mittlerweile bei etwa 8 Millionen pro Kilometer und ist damit 90-mal höher als der eines normalen Radweges", kritisiert Pileri.
Proteste gegen Radweg am Gardasee: Gegner demonstrieren
Der Gardasee-Radweg hat viele Gegner. Insgesamt kämpfen laut merkur.de 34 Verbände gegen das Projekt. Das Bündnis "Garda-Radweg? ... Nicht so!" kritisiert zum einen die Kosten des Radwegs, der Schätzungen des Bündnisses zufolge über eine Milliarde Euro verschlingen werde, zum anderen aber auch die "Umwelt- und Landschaftsverwüstung" sowie den "Mangel an Sicherheit angesichts der Tatsache, dass das gesamte Gebiet einem hohen hydrogeologischen Risiko ausgesetzt ist". Ein Beweis dafür sind nicht zuletzt Felsstürze, die sich in den vergangenen Monaten entlang der geplanten Route im Norden des Gardasees ereignet hatten. Um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen, haben die Gardasee-Radweg-Gegner Ende April zu einer Demonstration in Riva del Garda aufgerufen. Davon berichtet unter anderem die Gardasee Zeitung.