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25. Band der „Kaufbeurer Schriftenreihe“ erschienen: Die NS-Zeit vor Ort aus verschiedenen Blickwinkeln

25. Band der „Kaufbeurer Schriftenreihe“ erschienen

Die NS-Zeit vor Ort aus verschiedenen Blickwinkeln

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    Besondere Buchübergabe im Kaufbeurer Stadtmuseum: (von links) Betreuer Jan Werber, Museumsleiterin Petra Weber, Dritte Bürgermeisterin Dr. Erika Rössler, Jubilarin Josefa Jones, Betreuerin Barbara Resch, Stadtführerin Gabriele Tietz sowie Simone Klinger und Vinzenz Wildung von der Kulturwerkstatt.
    Besondere Buchübergabe im Kaufbeurer Stadtmuseum: (von links) Betreuer Jan Werber, Museumsleiterin Petra Weber, Dritte Bürgermeisterin Dr. Erika Rössler, Jubilarin Josefa Jones, Betreuerin Barbara Resch, Stadtführerin Gabriele Tietz sowie Simone Klinger und Vinzenz Wildung von der Kulturwerkstatt. Foto: Susanne Sagner

    Im 25. Jahr ihres Bestehens ist der 25. Band der „Kaufbeurer Schriftenreihe“ erschienen. Die Buchreihe hat in zahlreichen Aufsätzen schon viele Aspekte der Wertachstädter Historie beleuchtet. Doch seit einigen Jahren steht die NS-Zeit in Kaufbeuren immer wieder im Fokus. So versammelt der Jubiläumsband mit den Beiträgen bewährter und auch neuer Autoren auf 444 Seiten wieder verschiedene Blickwinkel auf „Kaufbeuren unterm Hakenkreuz“. Es ist das inzwischen dritte Buch der Reihe zu diesem Themenbereich.

    Dennoch zeigte sich Oberbürgermeister Stefan Bosse bei der Buchpräsentation im Stadtmuseum überzeugt davon, dass dieser geschichtliche Abschnitt der Wertachstadt noch lange nicht „auserforscht“ ist. Allerdings hätten die Aktivitäten vieler Forschender im vergangenen Jahrzehnt eine Fülle an neuen Erkenntnissen gebracht. Dies gelte auch für das aktuelle Werk.

    Die NS-Zwangsarbeit in Kaufbeuren ist ein Thema im Buch und auch im Stadtmuseum

    Darin schreibt Andreas Weileder über die evangelische Kirche in Kaufbeuren zur Zeit des Nationalsozialismus‘. Darüber hinaus skizziert er gemeinsam mit Thomas Riedmiller unter dem Titel „Im Zwiespalt zwischen Anpassung und Aufbegehren“ den Schüler Kornel Riedmiller, der von 1933 bis 1937 das Kaufbeurer Progymnasium besuchte. Corinna Malek-Wagner beschäftigte sich mit „Zwangsarbeit in Kaufbeuren – Der Arbeitseinsatz ausländischer Zivilarbeiter, Kriegsgefangener und Häftlinge während des Zweiten Weltkrieges“. Ein Thema, das auch die aktuelle Sonderausstellung im Stadtmuseum in den Fokus rückt und damit aus der jahrzehntelangen Verdrängung holt. Museumsleiterin Petra Weber hat in diesem Zusammenhang das Schicksal des polnischen Zwangsarbeiters Stefan Smiglarski (1924 bis 1943) aufgearbeitet.

    Julia Nadjenka Born beleuchtet das Schicksal polnischer und sowjetischer Patienten in der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren in den Jahren 1944 und 1945. Mirjam Burkard hat Einstellung und Verhalten des später berühmten Irseer Lyrikers Josef Guggenmos während des Hitler-Regimes analysiert. Stefan Dieter wertete Gefallenenanzeigen in der „Kaufbeurer Zeitung“ als Indikator für die Hingabebereitschaft an das NS-Regime aus, Manfred Heerdegen widmete sich Kaufbeurer NSDAP-Funktionären und kommunalen Amtsträgern bei der Entnazifizierung nach 1945. Lisa Wagner berichtet in ihrem Beitrag über die Provenienzforschung im Stadtmuseum Kaufbeuren, und Rouven Janneck befasste sich mit drei Persönlichkeiten, denen bis vor Kurzem in Kaufbeuren Straßen gewidmet waren: Hans Seibold, Josef Fischer und Josef Kristaller.

    Josef Jones musste die Verhaftung ihres Vaters durch die Nazis miterleben

    „Sechs Lebensbilder aus der kommunistischen Widerstandszelle in Kaufbeuren“ stellt Petra Weber in einem weiteren Beitrag vor, und empfing in diesem Zusammenhang einen ganz besonderen Gast im Stadtmuseum. Anlässlich des 95. Geburtstags von Josefa Jones übergab sie zusammen mit Kaufbeurens Dritter Bürgermeisterin Dr. Erika Rössler der Jubilarin ein Exemplar des neuen Bands der „Kaufbeurer Schriftenreihe“. Eines der „Lebensbilder“ porträtiert Leo Lutz, den Vater von Jones.

    2022 entstand der Kontakt zwischen dem Stadtmuseum und ihr. Für die Verlegung von „Stolpersteinen“ waren Angehörige von Kaufbeurerinnen und Kaufbeurern, die sich im kommunistischen Widerstand engagiert haben, gesucht worden. Leo Lutz (1905 bis 1988) musste wegen seines Engagements in einer kommunistischen Widerstandsgruppe neun Jahre in verschiedenen Strafanstalten verbringen. Für ihn wurde im Frühjahr 2023 an seinem ehemaligen Wohnort in der Kaiser-Max-Straße 38 ein „Stolperstein“ verlegt. Um dies vorzubereiten, führte eine Gruppe der Kulturwerkstatt, begleitet von Stadt- und Museumsführerin Gabriele Tietz sowie Hannah Rieger und Vinzenz Wildung, mehrere Gespräche mit Jones. Die Zeitzeugin erinnerte sich an die Verhaftung ihres Vaters sowie den einzigen Besuch bei ihm im Zuchthaus, den sie als junges Mädchen erlebt hatte. „Die Gespräche mit Frau Jones sind unvergesslich, da sie uns die Geschichte ihres Vaters sehr offen erzählt hat“, berichtet Wildung.

    Wo gibt es den neuen Band der „Kaufbeurer Schriftenreihe“ zu kaufen?

    Josefa Jones, die im Kaisergäßchen aufgewachsen ist, machte eine Ausbildung zur Fotolaborantin und heiratete 1952 den amerikanischen Soldaten James Jones. Sie lebten einige Jahre in den USA und unternahmen zeit ihres Lebens viele Reisen in die Welt. Die Verbindung zur Heimatstadt ihrer Familie riss jedoch nie ab und sie kehrte 1976 wieder nach Kaufbeuren zurück. Die Würdigung ihres Vaters mit einem „Stolperstein“ war für die 95-Jährige ein besonderes Erlebnis, sodass sie die Verlegung weiterer entsprechender Mahnmale mit einer Spende unterstützen möchte.

    Das Buch: Stefan Dieter und Peter Keller (Herausgeber): „Kaufbeuren unterm Hakenkreuz, Band 3“, Band 25 der „Kaufbeurer Schriftenreihe“, Bauer-Verlag, Thalhofen 2024. Das Buch hat 444 Seiten, kostet 18 Euro und ist im Buchhandel erhältllich.

    Autoren, Herausgeber und Förderer stellten den neuen Band der „Kaufbeurer Schriftenreihe vor: (von links) Stadtarchivar Dr. Peter Keller, Schriftleiter Dr. Stefan Dieter, Petra Weber, Verleger Josef Bauer, Andreas Weileder, Corinna Malek-Wagner, Oberbürgermeister Stefan Bosse und Angela Schulz (Bauer-Verlag).
    Autoren, Herausgeber und Förderer stellten den neuen Band der „Kaufbeurer Schriftenreihe vor: (von links) Stadtarchivar Dr. Peter Keller, Schriftleiter Dr. Stefan Dieter, Petra Weber, Verleger Josef Bauer, Andreas Weileder, Corinna Malek-Wagner, Oberbürgermeister Stefan Bosse und Angela Schulz (Bauer-Verlag). Foto: Harald Langer
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