Manche denken, es sei eine Zuckerstange oder ein Windspiel. An einigen Fassaden in der Stadt hängen Lampen mit diagonalen roten und weißen Streifen: sogenannte Barbierpfosten. Die „Barber Poles“ genannten Stangen sind das Erkennungszeichen für reine Männer-Friseure - auch Barbershops genannt. Seit ein paar Jahren breiten sie sich in ganz Deutschland und somit auch in Kaufbeuren aus.
„Man hilft Kunden mit seiner Leidenschaft“
Ogün Uygun, Barbier
Ogün Uygun betreibt seit Ende 2023 seinen eigenen Shop. Der Laden ist unter dem Namen „OG's Barbershop“ in der Ludwigsstraße in der Kaufbeurer Innenstadt zu finden. „Man hilft seinen Kunden mit seiner Leidenschaft“, sagt Uygun über seinen Beruf als Barbier. Als Gründe, warum die Barbershops aktuell so angesagt sind, nennt Uygun folgende: Ein Besuch in einem Barbershop sei für viele Männer „wie ein Spa-Day“ für Frauen. „Die Kunden kommen rein und können sich zu einem netten Gespräch und einem Kaffee die Haare schneiden lassen“, sagt Uygun. Außerdem sei es für viele Männer eine Auszeit vom Alltag.
Von der Bank in den Barbershop
Uygun selbst ist Quereinsteiger in dem Beruf. Nach seiner Banklehre habe er sich dazu entschieden, seine Leidenschaft, Haare schneiden, zu verfolgen. Seinen Traum von einem eigenen Shop wollte er unbedingt in die Realität umsetzen. Gemeinsam mit seiner Partnerin, die einen Friseurmeisterbrief hat, ging dieser Traum für Uygun im November 2023 dann in Erfüllung. „Es ist einfach der perfekte Job für mich“, sagt er.
„Sven Blood barbershop“ in Kaufbeuren
Auch Sven Reinsch betreibt seinen eigenen Shop in Kaufbeuren unter dem Namen „Sven Blood Barbershop.“ 2019 habe er sich in der Ludwigsstraße in der Altstadt selbstständig gemacht. Sein Ziel: Den Kunden einen klassischen Shop zu bieten, mit hoher Qualität. „Ich nehme mir für jeden Kunden viel Zeit, damit sie sich nach dem Besuch bei uns wohlfühlen“, sagt der Barbier. Der Laden ist laut Reinsch in einem sehr traditionellen Stil eingerichtet. „Ich habe mir über Jahre verschiedene Möbel angesammelt, die jetzt in meinem Laden stehen“, sagt Reinsch.
Ein Rückzugsort für Männer
Reinsch ist ebenfalls ein Quereinsteiger in dem Beruf. Durch einen Meisterbrief, den er in einem anderen Handwerk bereits hatte, konnte er seinen Friseurmeister im Teilbereich der Herren schnell absolvieren. Er bekam eine Sondergenehmigung von der Handwerkskammer, die es ihm ermöglichte, seinen eigenen Shop zu öffnen. Der Grund, warum Barbershops gerade boomen, ist laut Reinsch folgender: „Die Shops sind für viele Männer ein Rückzugsort, an dem sie dem Alltag entfliehen können. Außerdem legen die meisten heutzutage wieder mehr Wert auf gepflegte Haare und einen sauberen Bart.“
Eine Expertin erklärt, woher der aktuelle Trend kommen könnte
Jutta Sonntag, Obermeisterin der Friseurinnung Kempten, sieht den Grund für den aktuellen Trend ähnlich wie die beiden Barbiere. „In den letzten 20 Jahren wollten viele Männer wieder mehr wahrgenommen werden“, sagt sie. „Und seither wurde es gängiger, seinen Bart wieder von einem Barbier schneiden zu lassen.“ Vor einigen Jahren habe es die Shops nur vereinzelt gegeben. Der wesentliche Unterschied zwischen einem herkömmlichen Haarsalon und einem Barbershop: normale Friseure haben ein viel breiteres Angebot. In Barbershops hingegen werden meist nur Herrenhaarschnitte und Bartpflege angeboten.
Eine traditionsreiche Branche
„Der Ursprung der Barbershops liegt lange zurück“, sagt Jutta Sonntag. „Vor ungefähr 100 Jahren war es für Männer gängig, zum Barbier zu gehen und sich den Bart scheiden zu lassen.“ Außerdem habe ein Barbershop-Besuch auch der Geselligkeit gedient. Der Trend sei über die Jahre aber verloren gegangen. Vor zwei Jahrzehnten erlebten die Barbershops dann wieder einen Boom, der bis heute anhält. Sonntag schätzt, dass mittlerweile rund 20 Prozent der Friseursalons in Deutschland Barbershops sind.
Deshalb sind einige der Barbershops illegal
Für die Eröffnung eines eigenen Ladens, wo neben dem Bart auch die Kopfhaare geschnitten werden, muss entweder der Betreiber oder ein Mitarbeiter laut Gesetz einen Meisterbrief haben. Für einen Barbershop, in dem nur Bartpflege angeboten wird, braucht man das jedoch nicht. „In vielen Barbershops werden neben dem Bart auch die Haare geschnitten, obwohl es meist gar keinen Meister in dem Betrieb gibt“, erklärt Sonntag. „Das ist dann illegal.“ Kontrollen fänden aber nur kaum statt. Deswegen sei die Kritik an den Barbershops, die zum Großteil aus der Friseurbranche selbst kommt, laut der Obermeisterin teilweise durchaus berechtigt.
Mit Barbershops, in denen Meister tätig sind, oder Läden, in denen ausschließlich die Bartpflege angeboten wird, hat Sonntag hingegen kein Problem. „Meisterbetriebene Barbershops werden so wie jeder andere Haarsalon in die Friseurinnung aufgenommen“, sagt Sonntag.
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