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Kaufbeuren
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Betörende Geigenklänge und vertonte Liebeslyrik über den Dächern Kaufbeurens

Konzert in Kaufbeuren

Betörende Geigenklänge und vertonte Liebeslyrik über den Dächern Kaufbeurens

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    Sophia Jüngling an der Geige sowie das vierköpfige Ensemble  Per-Sonat (im Foto) gestalteten das Konzert in der Kirche Sankt Blasius in Kaufbeuren.
    Sophia Jüngling an der Geige sowie das vierköpfige Ensemble Per-Sonat (im Foto) gestalteten das Konzert in der Kirche Sankt Blasius in Kaufbeuren. Foto: Harald Langer

    Ein perfektes Blasius-Konzert erlebte man bei der zweiten diesjährigen Veranstaltung der erfolgreichen Konzertreihe über den Dächern der Kaufbeurer Altstadt. Den Anfang machte Sophia Jüngling, erfolgreiche und in ihrem Spiel betörende und zurecht Bravo-Rufe erntende Jung-Virtuosin, im sogenannten „Vorkonzert“. Diese Bezeichnung verdient der Auftritt allerdings eigentlich längst nicht mehr angesichts einer nahe an der Perfektion auswendig und ebenso glasklar wie ausdrucksstark (auf einem modernen Instrument) gespielten Partita Nr.1 in d-Moll, BWV 1004.

    Julia Kuhn als künstlerische Leiterin freute sich sehr, die ehemalige, „sehr begabte“ Schülerin, mehrfache Jugend-musiziert-Preisträgerin, die inzwischen unter anderem Konzertmeisterin des Orchesters der Universität Augsburg ist, an diesem Spätnachmittag begrüßen zu können. Und das Publikum erlebte eine durch und durch fließende, überlegt die inneren Strukturen verdeutlichende, den Tönen und Klängen Leuchtkraft verleihende Interpretation, die auch nicht alle von Bach bewusst hineinkomponierten Ecken und Kanten in der berühmten „Ciaccona“ als Schlusssatz allzu glattschliff.

    Ein sommerlicher Lobgesang auf das schöne Wetter

    Im eigentlichen Konzert ab 17 Uhr begrüßte dann Dr. Gabriele Escheu für die Kirchenstiftung St. Martin und den Förderverein das noch zahlreichere Publikum. Nun stand mit dem Programm „Prima Donna del Mondo“, gespielt vom vierköpfigen Ensemble Per-Sonat, die Liebeslyrik im Fokus. Meist auf Altitalienisch, teils auch auf Altfranzösisch erklangen Werke vom Hofe der hochgebildeten Isabella d`Este in Mantua, einer der einflussreichsten Frauen ihrer Zeit (1474-1539). Die Liebeslyrik zahlreicher, heute fast vergessener Komponisten wie Marchetto Cara, Serafino dell´Aquila oder Bartolomeo Tromboncino zeichneten dabei ein vielgestaltiges Panoptikum einer sinnenfroh-diesseitigen Epoche des ausgehenden Mittelalters beziehungsweise der Renaissance nach. Bei Liebesleid und -lust kamen die verschiedensten Affekte zum Tragen. Auch vielfältige mythologische Anspielungen gehörten dazu, wie das „Zephyro spira e´ l bel tempo rimena“. So entstand ein sommerlich lichter, sanft säuselnder Lobgesang auf das schöne Wetter, das man auch damals schon zu schätzen wusste.

    Auch eine mahnende Stimmung, im Sinne des „Tempus fugit“, der Vergänglichkeit alles Schönen, hatte ihren Platz: im „Col tempo passa gli anni, i mesi e l´ ore“, gleichfalls von dell‘ Aquila, aber mit der versöhnlichen Schlusszeile: „Aber niemals erlischt in mir die Liebe“. Schön, dass man die Texte der Gesangsnummern ausgeteilt hatte. Dies ermöglichte, sich zu orientieren.

    Gezupfte Saiteninstrumente entfalten ihren Klang

    Eine wichtige Rolle hatte in diesem Programm-Set auch das Instrumentarium, das zugleich dem Publikum eine klanglich und optisch hochinteressante Lehrstunde bot. Da waren zunächst Vincent Kibildis (gotische Harfe) und der Lautenspieler Marc Lewon, die zusammen in den zahlreich eingestreuten Instrumentalstücken zeigten, dass man auf gezupften Saiteninstrumenten trotz der noch eingeschränkten harmonischen Möglichkeiten ein durchaus prickelndes Klangbett bauen konnte. Über diesem entfaltete sich die Geige und deren Vorläuferinstrumente, in der zweiten Konzerthälfte übrigens überzeugend und feinfühlig improvisiert.

    Baptiste Romain hatte zwei frühe Geigen mitgebracht: eine „Lira da braccio“ mit sieben Saiten (inklusive zwei Bordunsaiten) sowie eine „moderne“ viersaitige Renaissancegeige. Vor allem mit diesem Instrument harmonierte Romain bestens improvisatorisch auf Augenhöhe, in einem spannenden vokal-instrumentalen Dialog mit der Sängerin, beispielsweise in dem „Ho che aiuto che confort, Frottola“ (M. Cara), in dem man die widersprüchlichen Affekte nochmals gründlich lodern ließ.

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