Am Reformationstag wurde in der Dreifaltigkeitskirche in Kaufbeuren heuer kein normaler Gottesdienst gefeiert. Gleich mehrere Anlässe zogen knapp 100 Menschen in das Gotteshaus: die Eröffnung des barrierefreien Zugangs an der Westseite der Kirche und das 202-jährige Bestehen des Kirchturms.
Kirchengemeinde feiert 202 Jahre alten Turm
Bereits am Donnerstagvormittag fingen die Feierlichkeiten an. Auf dem Wochenmarkt in Kaufbeuren verkauften Mitglieder der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde an einem Stand vor der Dreifaltigkeitskirche Kaffee und Kuchen. Eine Hüpfburg sorgte für Unterhaltung bei den jüngsten Gästen. Am Abend dann stand der 202 Jahre alte Kirchturm im Zentrum eines Festgottesdienstes, in dem die Kirchengemeinde sogar ein kleines Geburtstagsständchen zum Besten gab. Immerhin prägt er das Stadtbild Kaufbeurens, seit er am Reformationstag 1822 geweiht worden sein soll.
Neu ist hingegen der barrierefreie Zugang zur Kirche, der im Rahmen des Gottesdienstes gefeiert wurde. Vor knapp zwei Monaten begannen Maurer mit dem Durchbruch für den Eingang. Zuvor hatten Handwerker einen Staubschutz nach innen eingebaut, um zu verhindern, dass die Orgel der Dreifaltigkeitskirche beschädigt wird. Nach dem Einbau einer Automatiktüre wurde das Pflaster am Eingang im Kirchengäßchen um zwölf Zentimeter angehoben. Der Bau des Eingangs wurde in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Stadtmüller umgesetzt und durch zahlreiche Spenden finanziert.
Niemand soll aus der Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen werden
In Anlehnung an einen Vers aus dem Markusevangelium zeigte Pfarrer Jost Herrmann der Gemeinde die Rolle der Inklusion im Glauben auf. Der Vers handelt davon, wie Freunde einen Gelähmten zu Jesus tragen, um ihn heilen zu lassen. Da das Haus, in dem Jesus predigt, überfüllt ist, steigen sie auf das Dach, machen eine Öffnung hinein und lassen den Gelähmten herab.
Der Vers zeige, so Herrmann, dass niemand aufgrund von körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen aus der Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen werden soll.
Kaufbeurer Inklusionsbeauftragte spricht von überfälligem Schritt
"Das war ein Schritt, der längst überfällig war", sagt Hannah Rieger, Inklusionsbeauftragte des Kaufbeurer Stadtrats in einer kurzen Rede während des Gottesdienstes. Für Rieger sei der Bau des Eingangs ein weiterer Schritt hin zu einer barrierefreien Gemeinschaft. Vor allem im Glauben sei es wichtig, Inklusion zu gewährleisten, damit auch beeinträchtigte Menschen den Weg zu Gott finden können.
Am Ende des Gottesdienstes zog die Gemeinde dann symbolisch durch den frisch eingeweihten Eingang aus der Kirche aus.