Die Vitrinen in der Erlebnisausstellung der Gablonzer Industrie sind voll von funkelnden Ergebnissen handwerklicher und künstlerischer Tätigkeit. Die dortige Dauerausstellung gibt zudem einen Eindruck davon, wie all diese Schmuckstücke und sonstigen Objekte entstanden sind. Aber zur Zeit kann man in den Schauräumen in der Neuen Zeile in Neugablonz lückenlos erfahren, wie aus einer Idee fertiger Schmuck wird. Für die neue Sonderschau „Genesis“ haben die Schmuckkünstlerin Anne Menzel und der Fotograf Fredi Scholze rund ein Jahr eng zusammengearbeitet, um die Schöpfung eines Sets aus Hals- und Ohrschmuck umfassend und künstlerisch ansprechend zu dokumentieren.
Fredi Scholzes Fotos in der Ausstellung der Gablonzer Industrie könnten auch für sich stehen
Menzel und Scholze haben ihre Ateliers beide im Haus der Gablonzer Industrie in direkter Nachbarschaft zur Erlebnisausstellung. Dieses „Kulturzentrum“, wie es Thomas Nölle, der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Gablonzer Industrie, nennt, sorge natürlich für entsprechende „Wechselwirkungen“. So auch bei der „Genesis“-Ausstellung, für die Scholze mit der Kamera den gesamten kreativen und handwerklichen Prozess vom ersten Entwurf bis zu den fertigen Schmuckstücken und darüber hinaus begleitet hat. Denn am Ende übernahm er auch das Shooting mit einem Model, das Menzels Werke trägt und auf den Plakaten und Handzetteln für die Ausstellung wirbt. Bei der Dokumentation von Menzels Arbeit achtete der Fotograf aber ebenfalls darauf, dass seine Kunst nicht zu kurz kommt.
Die Fotos, die mit ihren gekonnten Schnitten und Unschärfen auch für sich stehen könnten, sind auf Fahnen aufgereiht zwischen den Vitrinen angeordnet. Sie bilden somit die verbindenden, dynamischen Übergänge zwischen deren Inhalt. Denn hinter Glas hat Menzel Materialien, Zwischenprodukte, Werkzeuge und Aufzeichnungen zu ihrem Schmuckprojekt streng chronologisch und sehr anschaulich angeordnet. Damit bietet die Schau gleichzeitig einen theoretischen Crashkurs in Glasverarbeitung. Am Beginn des Rundgangs ist allerdings erst einmal das sprichwörtliche leere weiße Blatt zu entdecken, das die Künstlerin mit ersten Ideen füllt. Diese haben freilich höchstens entfernt etwas mit dem Produkt zu tun, das schließlich im Zentrum des Sonderausstellungsraumes als End- und Anziehungspunkt der Schau präsentiert wird.
Anne Menzel präsentiert in der Ausstellung in Neugablonz eine anspruchsvolle Technik
Menzel entschied sich für ein Collier und Ohrhänger aus Hohlglasperlen. Ein bei der Gablonzer Industrie eher seltenes Produkt, dessen händische Fertigung eine „sehr, sehr fortgeschrittene Technik“ erfordere, wie die Expertin berichtet. Es folgte die Materialauswahl, für die unter anderem etliche Stäbe aus verschiedenfarbigem Glas stehen. Erst nach etlichen dokumentierten (Fehl-)Versuchen und Farbproben stand fest, welche Größe und Form die Perlen haben und dass sie grau und gelb werden sollen. Bei der Schöpfung des Designs sei aber auch wichtig, die Praktikabilität der Fertigung und wirtschaftliche Aspekte im Auge zu behalten. Schließlich schuf Menzel die Schmuckstücke nicht nur als Fantasieobjekte für die Ausstellung, sondern führt sie künftig auch in ihrem Verkaufssortiment. Auch den Verschluss des Colliers und die weiteren benötigten Metallteile, die sie aus Silber fertigte, skizziert die ausgebildete Stahlgraveurin zunächst auf Papier, bevor sie auf ihrer Werkbank Realität wurden.
Ferner dokumentierten Menzel und Scholze anschaulich den Zeit- und Materialaufwand für die Schmuckstücke und das Ausstellungsprojekt, was endgültig den durchaus hoch gegriffenen Titel „Genesis“ rechtfertigt. Denn beides, sowohl Menzels brillante Glasarbeiten als auch Scholzes Bilder, sind - nicht zuletzt durch das in der Schau vermittelte Hintergrundwissen - wahre Schöpfungen und nicht einfach Produkte. Ein in jeder Beziehung wertvoller Denkanstoß in einer Zeit, die großteils von billigem und schnellem Konsum geprägt ist.
Die Sonderschau „Genesis - Idee wird Schmuck“ in der Erlebnisausstellung der Gablonzer Industrie in Neugablonz (Neue Zeile 11) läuft bis zum 14. März 2025. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 9.30 bis 12 Uhr und montags bis donnerstags zusätzlich von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite der Erlebnisausstellung.
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