Wenn Sigi Zimmerschied kommt, dann ist das Podium ausverkauft. Das niederbayerische Kabarett-Urgestein ist ein guter Bekannter in der Kaufbeurer Kleinkunstbühne und begleitet diese seit ihrer Geburtsstunde vor über 40 Jahren. „Dopplerleben“ heißt das Programm, das er diesmal präsentierte. Darin schlüpft er in die Rolle des Hans Doppler. Der ist der fiktive Spross einer ebensolchen Fälscherfamilie, deren Ursprünge bis ins 18. Jahrhundert reichten.
Sein Urgroßvater Giovanni Doppio habe 1733 mithilfe eines Leinentuches, eines bei einem Rasierunfall zu Tode gekommenen Kunden und eines feuchten Kellers das Leichentuch Christi, besser bekannt unter dem Namen „Turiner Grabtuch“, (re-)konstruiert. Der zeitgenössische Fälscher Doppler hadert dagegen mit seinem beruflichen Schicksal: Er müsse sich mit der Nachahmung von Impfausweisen begnügen.

Doppler, alias Zimmerschied, lässt sein Leben Revue passieren, das er in Lügen und Wahrheiten teilt. Aber auch scheinbare Wahrheiten sind dabei. Begleitet wird er von einer gewissen Amelie, die - nicht sichtbar - zu seiner Ansprechpartnerin wird. Ihr gegenüber rechtfertigt er seine Ansichten und sucht Motivation. Er prangert Missstände an, knöpft sich so ziemlich alle vor, ist gegen geistige Verschrobenheit, entlarvt vorgefasste Meinungen, macht sich über Kleingeisterei lustig und rät zu radikaler Abhilfe.
Zimmerschieds neue Fassung von Artikel 1 des Grundgesetzes
Artikel 1 des Grundgesetzes müsse etwa in „Die Würde des Menschen und die Gehälter der Beamten sind unantastbar“ geändert werden. Und dann ist da noch die Brücke über eine belebte Straße, um den Haselmäusen eine Überquerung zu ermöglichen. Diese nutzten diese Hilfestellung aber nicht, denn in der Siedlung am anderen Ende des Übergangs wohnten Menschen mit einer Vorliebe für Katzen ... Steuerverschwendung sollte wie Steuerhinterziehung als Straftat geahndet werden, fordert der Doppler/ZImmerschied. Überhaupt müsse man angesichts der Weltlagen „den Jemand“ suchen, der an allem schuld ist.

Sigi Zimmerschied forderte auch vom Podium-Publikum volle Konzentration und verdeutlichte seine Texte mit einer unfassbar treffsicheren Mimik. Er ist eben nicht nur Kabarettist, sondern auch Schauspieler. Seine Sprache ist klar und unmissverständlich. Dass er dabei bisweilen in eine herzhafte Derbheit verfällt und die Grenze der Jugendfreiheit weit überschreitet, verzeiht man ihm seit jeher gerne. Das Kaufbeurer Publikum goutierte das „Dopplerleben“ mit viel Lachen, nachdenklichem Innehalten und tosendem Schlussapplaus. „Ich bin an allem schuld?“, wollte er am Ende von seiner Amelie wissen und beantwortete diese Frage mit einem Kopfnicken.
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