Zwischen Welten und Zeiten bewegte sich der jüngste literarische Salon Pomona des Freundeskreises Sophie La Roche im Kaufbeurer Stadtmuseum. Unter dem Motto „Schattenrisse abgeschiedener Stunden…“ ging es zum einen um eine Reise der Schriftstellerin 1799, die von Offenbach nach Weimar, ins Zentrum der deutschen literarischen Klassik, und nach Schönebeck führte. Bevor die Saloniéren Christa Berge, Wiltrud Fleischmann, Helga Ilgenfritz und Karin Klinger jedoch auf diese Fahrt, während der La Roche vielen Geistesgrößen ihrer Zeit begegnete, eingingen, lenkten sie den Blick auf die Gegenwart. Sie erinnerten an den erst im vergangenen Jahr verliehenen Literaturnobelpreis für 2018. Erhalten hat ihn die Erzählerin Olga Tokarczuk, die 1962 in Polen geboren wurde. In ihrem jüngsten Roman „Jakobsbücher“ widmet sie Sophie von La Roche in einem Kapitel großen Raum. Dadurch erfahre die 1730 in Kaufbeuren geborene Schriftstellerin, die „Großmutter der Brentanos“, eine weitere, hochrangige Würdigung.
Dann aber ging es literarisch auf Reisen. Gelte La Roche doch nicht nur als erste professionelle Schriftstellerin, sondern auch als erste Reise-Journalistin im deutschen Sprachraum. Nach vier großen Reisen ins europäische Ausland blieb sie bei ihrer Fahrt 1799 innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches, wie die Salonieren bei der Vorstellung der gesamten Reiseroute erläuterten. Das entsprechende Reisetagebuch wurde 1800 in Leipzig veröffentlicht.
Am 11. Juli 1799 startete sie zusammen mit ihrer Enkelin Sophie Brentano. Die Route führte über Fulda und Eisenach nach Weimar. Dort suchte sie sofort Christoph Martin Wieland im nahen Gut Oßmannstedt auf. Nach beinahe 30 Jahren Trennung sah sie dort ihren Cousin, Jugendfreund und frühen Verlobten wieder: „O wer wollte diese Gefühle und die Bilder der Erinnerung beschreiben, welche da meine Seele überwältigten!“, kommentierte sie die Begegnung. Es folgte eine Einladung der verwitweten Herzogin Anna Amalia auf Schloss Tiefurt, wo La Roche mit ihr auch über Crescentia von Kaufbeuren sprach und mit Johann Wolfgang Goethe zusammentraf. Wenige Tage später wurde La Roche dann vom Dichterfürsten zu einem Festmahl gebeten. In Weimar begegnete sie außerdem Johann Gottfried Herder, Friedrich Schiller und Jean Paul (Richter).
Anhand vieler Textbeispiele führten die Saloniéren durch dieses Reisetagebuch. La Roche berichtet darin über allgemeine Reisebegebenheiten, über Beobachtungen und Erinnerungen. In Weimar erinnert sie sich auch an Ihre Geburtsstadt Kaufbeuren. „Hier flüsterte mein Herz mir zu: Gewiß liegen die ersten Faden der mich an Großbritannien ziehenden Bande, in der mit Bäumen besetzten Wiese, nahe bey Kaufbeuren im Algöw, wo ich schon in dem zarten Alter von drey Jahren mich so äußerst glücklich fühlte…“
Am 11. August 1799 wurde La Roche von ihrem Sohn Carl und dessen sechsjähriger Tochter Bertha abgeholt, er fuhr mit beiden nach Schönebeck, wo er als Bergrat ein Salzbergwerk leitete. Am 18. September 1799 reiste sie wieder zurück zu Wieland nach Oßmannstedt. In Leipzig besuchte sie weitere Freunde und Bekannte, kehrte nochmals zu Wieland zurück. Schließlich ging es zu ihrem Enkel Clemens, der zu jener Zeit in Jena Medizin studierte, und zusammen mit dessen Schwester Sophie Brentano ging zurück nach Offenbach.