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Allgäuer Sportheilpraktiker Boris Wittmann über Olympia

Olympia 2022

Fünf Kilo abgenommen und Medaille bejubelt: So erlebte Sportheilpraktiker Boris Wittmann aus Kempten die Olympischen Spiele

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    Es gab viel Reis in der Kantine des Olmpischen Dorfes, meist mit Fleischbeilage, die aber nicht immer eindeutig zuordenbar wart.
    Es gab viel Reis in der Kantine des Olmpischen Dorfes, meist mit Fleischbeilage, die aber nicht immer eindeutig zuordenbar wart. Foto: Boris Wittmann

    Aller guten Dinge sollen drei sein, heißt es. Peking 2022 – es waren die dritten Olympischen Winterspiele für den Kemptener Sportheilpraktiker Boris Wittmann. Doch was daran gut war, darüber muss er nach seiner Rückkehr doch ein wenig länger nachdenken. Unter dem Strich zieht er aber ein positives Fazit, auch wenn seine Erfolgsserie als Gold-Schmid gerissen ist.

    2010 in Vancouver/Kanada und 2014 in Sotschi/Russland verhalf er mit seinen „magischen Händen“ (Zitat von Jon Montgomery) die Skeleton-Fahrer Montgomery (Kanada) und Alexander Tretjakow (Russland) jeweils zu olympischem Gold. 2022 war er vom österreichischen Verband eingeladen worden, Janine Flock auf den Gipfel des Olymp zu führen. Doch die Österreicherin hielt dem wohl selbst auferlegten Druck nicht stand, kam zudem mit der Bahn nicht klar und wurde bei ihrem letzten Karriere-Auftritt bei den Spielen nur Zwölfte. „Es hat wohl nicht sollen sein. Janine war sehr deprimiert und auch ich war bedient“, sagt Wittmann. „Das hätte ich mir anders erwartet.“

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    Auch die lettischen Brüder Martins und Tomass Dukurs (Lettland bildete eine Trainingsgemeinschaft mit dem Team Österreich) verpassten Skeleton-Gold auf den Plätzen sieben und neun deutlich. Dass es doch noch zu Edelmetall in Wittmanns Sammlung reichte, dafür sorgten die österreichischen Rodel-Doppelsitzer Thomas Steu und Lorenz Koller, an denen der Sportheilpraktiker Hand anlegte. „Mein Schwerpunkt liegt bei der Startvorbereitung etwa eine halbe Stunde, bevor es in die Bahn geht“, sagt Wittmann. Das Duo honorierte es mit Silber im Teamwettbewerb und Bronze im Einzel.

    Auch wenn es nicht Gold wie 2010 und 2014 wurde, so nahm es aus sportlicher Sicht noch ein versöhnliches Ende für Wittmann. Damit zum großen Thema: „Die Spiele und die Chinesen“. Nahezu unzählig war die Anzahl der einheimischen Helfer, die das Geschehen der Spiele im Reich der Mitte begleiteten, angefangen von der Landung auf dem Flughafen in Peking, über die Fahrt zum Olympischen Dorf, beim Aufenthalt dort, an der Bahn, beim Essen, et cetera.

    Olympische Spiele 2022: So erlebt der Kemptener Boris Wittmann die Hygiene-Vorschriften

    Alle in weiße Schutzanzüge gehüllt, mit weißer Maske, niemand übergewichtig, viele mit Desinfektionsmittel ausstaffiert, Unterschiede weder in Gestik noch Mimik zu erkennen. Allen Ortes wurde gewunken, wie beim Einmarsch der Nationen bei der Eröffnungsfeier. „Alle waren stets freundlich und hilfsbereit. Das Leben in der Blase war gut auszuhalten. Ich habe mich wohl gefühlt“, sagt Wittmann. Abgesehen von regelmäßigen Testungen und akribischen Vorsichtsmaßnahmen im Zeichen von Null-Corona: „Das olympische Dorf war ein regelrechter Traum. Alles war dort mit ganz viel Liebe gestaltet. Lampions an jeder Tür. Es hatte Flair.“ Die Reise ins Ungewisse in Erwartung anonymer, weißer und statischer Gestalten, habe sich bestätigt, sei aber auszuhalten gewesen.

    Boris Wittmann nimmt in China fünf Kilo ab

    17 Tage China haben einiges mit Wittmann gemacht. „Ich habe fünf Kilo abgenommen“, sagt er. Das Essen war nix“, für Gourmets ein wahrer Albtraum. „Viel wurde mit Glutamin gemacht. Fad, ohne Geschmack. Nach ein paar Tagen habe ich nur noch gefrühstückt. Dann ging Butter aus, kein Pfeffer, kein Salz. Am Abend habe ich Protein-Riegel gegessen, um ein bisschen was zu mir zu nehmen.“ Ab und an sei Spaghetti Bolognese auf dem Speiseplan gestanden. Parmesan? Fehlanzeige. Wohl kein Wunder, dass es kaum italienische Olympiasiege gab. Dafür gab es „viel Reis mit Fleisch. Hätte Hähnchen sein können“, so Wittmann, aber auch was anderes. So genau habe es letztlich niemand wissen wollen. Als Krönung: Scampi mit Rührei, garantiert geschmacksneutral.

    Es gab viel Reis in der Kantine des Olmpischen Dorfes, meist mit Fleischbeilage, die aber nicht immer eindeutig zuordenbar wart.
    Es gab viel Reis in der Kantine des Olmpischen Dorfes, meist mit Fleischbeilage, die aber nicht immer eindeutig zuordenbar wart. Foto: Boris Wittmann

    Bis 22 Uhr war Wittmann im Einsatz an den Athleten. Danach war Zeit zum Plaudern in der Blase. Um 6 Uhr war die Nacht schon wieder rum. Am Tag der Abreise war die Nacht noch kürzer. Dann kam sie doch noch, die Episode, die keiner gebraucht hätte, das Bild über dieses mutmaßlich seltsame China taghell erleuchtete. Ein Teil des Teams Österreich habe zwei kleine Busse bestellt, um zum Flughafen gefahren zu werden. Es war eiskalt bei -25 Grad. Um Energie zu sparen habe der Fahrer schon mal nur den vorderen Teil des Fahrzeugs gewärmt, um die Frontscheibe frei zu haben. „An den Scheiben im hinteren Teil war innen Eis“, sagt Wittmann. Ein Bus sei mit Gepäck beladen worden, im anderen saßen die Fahrgäste.

    Irgendwo im nirgendwo in tiefster Dunkelheit blieb plötzlich der Bus mit dem Gepäck abrupt stehen, Warnblinker, Schneetreiben. Ein Ersatzbus wurde geordert. „Wir standen unter Druck, mussten zum Flughafen, dass wir den Flieger noch bekommen“, sagt Wittmann. Als der Ersatzbus da war, weigerte sich der Fahrer, das Gepäck umzuladen, um sich an den Koffern nicht zu infizieren. „Das war sein Befehl“, so Wittmann. Es wurde die Polizei gerufen. Die kam und lud das Gepäck um. Inzwischen war ein wichtiger Funktionär informiert geworden. Dieser habe dafür gesorgt, dass das Flugzeug auf die Österreicher wartet. Sogar das Gepäck ging noch mit. Ende gut, alles gut.

    34 Stunden nach dem Abschied aus der Blase war Wittmann über Seoul, Paris und München wieder im Allgäu. „Es war insgesamt ein tolles Erlebnis. Ich war erstmals mit den Österreichern bei Olympia unterwegs. Ein guter Haufen. Ich hab mich wohl gefühlt. Aber es ist immer wieder schön, nach Hause zu kommen.“ Darauf ein Weißbier.

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