Die Finanzierung des ÖPNV-Angebots stand eigentlich auf der Tagesordnung des Kemptener Haupt- und Finanzausschusses. Doch nachdem Stadtkämmerer Matthias Haugg die finanzielle Lage der Stadt erläutert hatte, rückten auch andere Ausgaben in den Fokus. Denn spätestens bei den Haushaltsberatungen im Herbst dürfte die Diskussion über Einsparungen wieder Fahrt aufnehmen. Zu einem genehmigungsfähigen Etat im kommenden Jahr fehlen rund sechs Millionen Euro, in den Folgejahren droht sich die finanzielle Lage sogar noch weiter zu verschlechtern.
Kann sich die Stadt den Ringbus noch leisten?
Angestoßen hatte die Diskussion Stadtrat Julius Bernhardt (Future for Kempten). Er hatte die Verwaltung in einem Antrag gebeten, langfristige Finanzierungsoptionen für den ÖPNV zu prüfen. Der Hintergrund der Anfrage ist, dass etwa der Ringbus mittlerweile aus dem städtischen Haushalt finanziert wird, weil der ausgelaufene Zuschuss des Freistaats für das Projekt ausgeglichen werden muss. Deswegen erscheint eine Ausweitung des ÖPNV-Angebots angesichts der finanziellen Lage kaum realistisch, erklärt Bernhardt in seinem Antrag. „Gleichzeitig steigen die Kosten des ÖPNV durch tarifliche Anpassungen und steigende Energiepreise.“ Deswegen sei es notwendig, die Finanzierung der öffentlichen Verkehrsmittel auf eine breitere Basis zu stellen. In anderen Regionen würden bereits innovative Konzepte erprobt, etwa der Mobilitätspass in Baden-Württemberg oder die Arbeitgeberabgabe in Frankreich. Eine weitere Möglichkeit sieht Bernhardt in der finanziellen Beteiligung der Gemeinden Waltenhofen und Lauben, die ebenfalls vom Kemptener ÖPNV profitieren.
Kämmerer warnt vor „Grenzen der Leistungsfähigkeit“
Der ÖPNV sei eine freiwillige Aufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte im eigenen Wirkungskreis, erinnerte Stadtkämmerer Haugg an die gesetzlichen Voraussetzungen. „Sie führen diese Aufgaben in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit durch.“ Der sehr enge finanzielle Handlungsrahmen der Stadt begrenze die Möglichkeiten einer nachhaltigen Finanzierung. Um die Ausgaben für den ÖPNV also nicht reduzieren zu müssen, bleibe nur die Möglichkeit, Einnahmen wie Steuern, Beiträge und Gebühren zu erhöhen, erklärte der Kämmerer. Das sei beispielsweise bei Grundsteuer, Straßenreinigungs- und Friedhofsgebühren bereits erfolgt. Deswegen müssten nun konkrete Überlegungen angestellt werden, wie die Einnahmen aus dem ÖPNV erhöht werden können.
Wenn also der Stadtrat eine Erweiterung des Angebots wünscht, wird er an anderer Stelle einsparen müssen. „Es kann auch sein, dass wir uns von Liebgewonnenem verabschieden müssen“, sagte Oberbürgermeister Thomas Kiechle und verwies auf die zahlreichen Pflichtaufgaben der Stadt, die finanziert werden müssen. Dabei hatte der Stadtrat erst im vergangenen Jahr bei den sogenannten freiwilligen Leistungen den Rotstift angesetzt. Beispielsweise wurde dem Haus International der Personalkostenzuschuss gestrichen. Jetzt könnte – spätestens bei den Haushaltsberatungen im Herbst - die nächste Sparrunde drohen.
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