„Erinnerung lebendig halten, Verantwortung übernehmen.“ Unter diesem Motto recherchierten Schülerinnen und Schüler des Kemptener Allgäu-Gymnasiums im Projekt-Seminar „Stolpersteine digital“ über das Leben, Wirken und Schicksal von jüdischen Kemptener Familien. Jetzt haben sie ihre Ergebnisse mit Infotafeln und Internetseite vorgestellt.
„Wir wollen den Menschen eine Geschichte und ein Gesicht geben“, sagte Schülersprecher Moritz Missler. Dazu werden in den nächsten Tagen an allen jüdischen Stolpersteinen Infotafeln mit QR-Codes angebracht. Diese liefern weitere Informationen über das jüdische Leben und Erinnern in Kempten. Die Juden, die in Kempten lebten, hatten ihre Geschäfte, waren sozial integriert und hatten hier Freunde, Bekannte und Nachbarn. „Ihr Leben änderte sich mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 und ihren repressiven Maßnahmen gegenüber den jüdischen Bürgern, die mit der Reichspogromnacht 1938 auch in Kempten sichtbar in die systematische Verfolgung überging“, schreiben die Elftklässler auf ihrer neuen Homepage.
Holocaust-Überlebender und Oberbürgermeister zu Gast
„Wir wollen eine Erinnerung auf Augenhöhe schaffen“, sagt Schülerin Katharina Bernhard. Die Idee dazu kam bei einem Gespräch mit Charlotte Knobloch, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Sie war ebenso zu Gast an der Schule wie der Holocaust-Überlebende Abba Naor. Exkursionen in Schwaben, Recherchen im Stadtarchiv und die Kooperationen mit dem Netzwerk Jüdisches Schwaben und der Universität Augsburg halfen den 13 Schülerinnen und Schülern unter Leitung von Geschichtslehrerin Corinna Weber. Finanziert wurden die Tafeln vom Rotary-Club Kempten-Residenz. Chris Seitz vom Digitallabor des Stadtjugendrings zeigte, wie man eine Homepage gestaltet, sie ist jetzt unter https://erinnerungskultur-kempten.de einsehbar.
Martin Huss, Vorsitzender des Vereins Stolpersteine in Kempten und Umgebung, dankte dem P-Seminar des Allgäu-Gymnasiums: „Ich habe Respekt vor eurer Arbeit. Es erfüllt mich mit Stolz, Dank und Zuversicht.“ Schulleiterin Claudia Scharnetzky unterstrich das Anliegen der Schule, gegen Rassismus einzutreten. „Wir machen auch in den kommenden Jahren mit dem Thema Erinnerungskultur in Kempten weiter.“
Oberbürgermeister Thomas Kiechle zeigte sich beeindruckt: „Das ist eine zeitgemäße Darstellung mit vielen Hintergrund-Informationen. Hier lässt sich jüdisches Leben in Kempten nachvollziehen.“ Für ihn lebt die Demokratie weiter, wenn junge Menschen in einer Gesellschaft Verantwortung übernehmen, indem sie Erinnerungskultur weitertragen, modernisieren, allen zugänglich machen. „Ihr gebt den Opfern die Würde zurück, die ihnen auf furchtbarste Weise genommen worden ist“, sagte Kiechle.
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