Es ist 80 Zentimeter lang und 20 Zentimeter breit, hat zwei Achsen und vier Rollen, und Jugendliche vollführen damit wahre akrobatische Kunststücke: das Skateboard (oder auch deutsch-spröde Rollbrett genannt). Sprichwörtliche Kunststücke rund um das Board gibt es nun im Hofgartensaal der Kemptener Residenz zu bestaunen:„SkateArt“ nennt sich ein deutsch-italienisches Ausstellungsprojekt. 38 Künstlerinnen und Künstler haben alte, lädierte und ausrangierte Skateboards bearbeitet. Die Ergebnisse sind wundersam, witzig, aber auch hintergründig und kritisch.
Schon lang trieb Barbara Wolfart die Idee zu einem Gemeinschaftsbuchprojekt um und suchte nach einer geeigneten, vielseitigen künstlerischen Ausgangsform. Etwas Gebrauchtes sollte es sein. „Das hat eine Geschichte, ein Leben, und das kann man manchmal auch spüren“, sagt die Künstlerin. Auf einem Flohmarkt entdeckte sie dann ein altes Skateboard. „Das ist es“, sagte sie sich – und suchte weitere Rollbretter auf Dachböden und in Kellern von Freunden und Bekannten, erstand auch welche bei Ebay. Über 50 Skateboards sammelte sie ein und fragte Künstlerkollegen, ob sie mitmachen wollen. Die Resonanz war riesig. Allein zehn stammen aus Italien, der zweiten Heimat Wolfarts. Mit Ulla Mayer-Raichle realisierte sie das Fotobuch-Projekt. Die Fotografin aus Hopfen am See setzte die Skateboards fantasie- und stimmungsvoll in Szene (auch in Italien). Schnell war klar, dass man die Kunstwerke eigentlich auch in einer Ausstellung präsentieren sollte. Angesteckt vom Skateboard-Fieber dichtete Wolfart Nonsens-Texte für ein weiteres Büchlein. Beispiel:„Ein Skateboard litt winters unter Schneephobie / sein Therapeut ein anerkanntes Fachgenie / riet ihm: verwandle dich in einen Schlitten / dann hast du endlich ausgelitten.“
Es ist ein kurzweiliger Gang durch den Hofgartensaal. Erstaunlich, zu was eine eigenartige Form wie das Skateboard die Künstler inspirieren hat können. Viele nahmen das Brett als Bühne für Figuren, Objekte oder Installationen. Kornelia Kesel (Kempten) beispielsweise hat mit „Die Wölfe kommen I“ eine skurril-satirische Apokalypse entworfen: Zehn schwarze Wölfe stehen wie eine Armee in Reih’ und Glied auf einem schwarzen Board, bereit zum Entern ... Lioba Abrell (Aitrach) hat hunderte tote Bienen auf grüner Fläche fixiert. Sinnlich dagegen eine Arbeit von Nino Mandrici aus Rom, der auf dem Brett ein nacktes Liebespaar apart inszeniert hat. Starke figürliche Arbeiten zeigt Udo W. Gottfried (Wiesbaden), der sechs Werke beisteuert. Mit der Wahrnehmung spielt Bernd Henkel: Der Kemptener hat ein Board in der Mitte auseinandergesägt und die beiden Teile auf eine Spiegelfläche gesetzt. Aus eins mach zwei ...
Nicht alle Boards stehen auf dem Boden oder auf Sockeln, einige hänge auch an der Wand, Gemälden gleich. Dazu gehört eine herausragende dreiteilige Arbeit von Stephan A. Schmidt „Faith Hope Love“: Der Kemptener hat, wie einige andere Kollegen auch, drei Boards dem Feuer ausgesetzt. Herausgekommen ist ein beklemmend-poetisches, assoziationsreiches Tableau.