Erst vergangene Woche gab es einen Fall von Animal-Hoarding im nördlichen Oberallgäu. Das Veterinäramt rettete rund 300 Tiere von einem ehemals landwirtschaftlichen Hof. Dort hielt eine Frau Katzen, Meerschweinchen, kleine Schweine, Zebrafinken, Kaninchen, Ziegen und Mäuse (wir berichteten). Aber wie häufig kommt so etwas im Oberallgäu vor? Was steckt dahinter und wie lässt sich dagegen vorgehen?
Was ist Animal-Hoarding?
Nicht jeder, der eine größere Anzahl an Tieren halte, sei auch automatisch ein Tiersammler oder Animal-Hoarder, erklärt Dr. Patricia Höß, Tierheimleiterin in Kempten. Vielmehr käme es auf die Haltungsbedingungen, die Versorgung und den Gesundheitszustand der Tiere an. Julia Kopaunik, Pressesprecherin vom Veterinäramt Oberallgäu, sagt: „Betroffene erkennen meist nicht, dass sie ihren Tieren Schaden zufügen.“ Animal-Hoarding bezeichne eine krankhafte Tiersammelsucht. Dabei wird die Versorgung, Unterbringung und tierärztliche Betreuung der Tiere vernachlässigt.
Betroffene von Animal-Hoarding würden insbesondere Haustiere wie Hunde und Katzen, aber auch Meerschweinchen und Kaninchen, Wellensittiche und Papageien horten. Diese Tiere seien leicht zugänglich, würden sich schnell vermehren und wären relativ robust gegen schlechte Lebensbedingungen, erklärt Kopaunik. Solche Eigenschaften würden Animal-Hoarding begünstigen. Manchmal würden auch Hühner oder Schweine gesammelt werden, seltener exotische oder Wildtiere, da die Haltungsbedingungen schwierig und spezifisch seien.
Fälle, wie den von vergangener Woche mit 300 geretteten Tieren, gebe es im Landkreis Oberallgäu äußerst selten, sagt Kopaunik. Eine konkrete Fallzahl könne sie daher gar nicht nennen. Deutschlandweit steigt die Fallzahl von Animal-Hoarding an. 2023 zählte der Deutsche Tierschutzbund zuletzt 115 Fälle. Im Jahr 2022 und 2021 waren es noch jeweils 73 Fälle.
Wie geht es Tieren, die im Animal-Hoarding gehalten werden?
60 Prozent der Tiere, die im Animal-Hoarding leben, seien krank, sagt Höß vom Kemptener Tierheimleiter: „Sie haben oft nicht genügend zu fressen oder zu trinken, zu wenig Platz oder es liegen sogar tote Tiere im Raum.“ Häufig seien die Tiere abgemagert, von Parasiten befallen und hätten struppiges und verfilztes Fell, sagt auch Kopaunik vom Veterinäramt. Deshalb seien oft auch Klauen, Hufe und Krallen zu lang und Zähne ungepflegt.
Wie prüft das Veterinäramt, ob Menschen für die Haltung von Tieren geeignet sind?
Nur gewerbsmäßige Haltungen werden durch das Veterinäramt geprüft, erklärt Julia Kopaunik. Hunde und Katzen könne in Deutschland jeder halten. Dazu brauche es keine Genehmigung. Für exotische oder gefährliche Tiere wie beispielsweise Schlangen oder Raubkatzen sei eine Sondergenehmigung notwendig.
Was deutet auf Animal-Hoarding hin?
Wenn Menschen immer mehr Tiere anhäufen, ihre eigenen Lebensumstände vernachlässigen und keine Hilfe annehmen, könnten das laut Kopaunik vom Veterinäramt erste Frühwarnzeichen für Animal-Hoarding sein. Sollten Freunde, Bekannte oder Nachbarn solche Frühwarnzeichen erkennen, empfiehlt Höß, das persönliche Gespräch mit den Betroffenen zu suchen: „Vielleicht kann man sie dazu bringen, keine weiteren Tiere aufzunehmen oder welche abzugeben.“
Sind die Betroffenen uneinsichtig, sei laut Höß die Polizei oder das zuständige Veterinäramt die geeignete Anlaufstelle. Meist würden aufmerksame Nachbarn das Veterinäramt Oberallgäu auf problematische Tierhaltungen hinweisen, sagt Kopaunik: „Sie berichten dann von auffälligem Verhalten, etwa anhaltendem Lärm oder starker Geruchsbelästigung.“
Wie werden Tiere aus Animal-Hoarding gerettet?
Betroffene von Animal-Hoarding werden vom Veterinäramt zunächst schriftlich aufgefordert, „die Verstöße gegen artgerechte Haltung unter Androhung von Zwangsmitteln abzustellen“, erklärt Julia Kopaunik. Wenn die Betroffenen an ihrer Tierhaltung nichts ändern, verhänge das Veterinäramt meist ein Haltungs- und Betreuungsverbot. Die Halter werden schließlich aufgefordert, ihre Tiere freiwillig abzugeben.
Erst, wenn die Betroffenen weiterhin an ihrer Tierhaltung nichts ändern, schreite das Veterinäramt ein und nehme die Tiere in Obhut. Das kündige das Veterinäramt vorher jedoch nicht an, sagt Kopaunik: „Um zu verhindern, dass die Tiere möglicherweise versteckt werden und dann nicht abgeholt werden können.“ Die Kosten die entstehen, wenn das Veterinäramt die Tiere einem Halter wegnimmt, muss der Halter selbst tragen.
Vor so einer Wegnahme informiert das Veterinäramt die umliegenden Tierheime. Tierheimleiterin Höß nimmt gerettete Tiere dann auf: „Wir untersuchen alle Tiere, behandeln sie und pflegen sie gesund. Wenn sie geimpft, gechipt und eventuell kastriert sind, können sie an neue Besitzer vermittelt werden.“
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