Regionalität ist schon lange in aller Munde. Und das ist gut so. Denn Produkte, die vor Ort entstehen, bringen eine hohe Wertschöpfung für alle Beteiligten. Sie stärken die heimische Wirtschaft, sichern Arbeitsplätze – und schlagen sich dank kurzer Transportwege positiv in der Umweltbilanz nieder. Das gilt für Lebensmittel genauso wie für Handwerksprodukte.
Aus dieser Perspektive bleibt mir bei den 30 neuen Systembau-Holzhütten für den Kemptener Weihnachtsmarkt nur ungläubiges Kopfschütteln. Musste es wirklich sein, die Buden aus dem italienischen Trentino ins Allgäu zu holen? Zumal die verwendeten Weißtannen-Hölzer erst aus dem österreichischen St. Pölten nach Südtirol gekarrt wurden – auch dies aus Klimaschutzgründen ein Unding.
Alles nur eine Kommunikationspanne?
Ja, ich weiß: Die Stadt Kempten muss angesichts sinkender Steuereinnahmen und rapide steigender Ausgaben drastisch sparen. Was das für Vereine, Kitas, Theater und andere öffentliche Einrichtungen bedeutet, haben die schmerzhaften Kürzungen bei den jüngsten Etatberatungen deutlich gemacht.
Bei den Weihnachtsmarkthütten greift dieser Aspekt aber nur bedingt. Denn ein echter Preisvergleich zwischen den Hütten aus dem Trentino und einer Allgäu-Variante fand nie statt. Warum, darüber gibt es verschiedene Einschätzungen. Es habe zwei Ausschreibungen für die 30 neuen Buden gegeben, doch heimische Firmen hätten sich leider nicht gemeldet, heißt es vom Kempten Messe- und Veranstaltungsbetrieb (KMV), der die neuen Hütten für 451.000 Euro angeschafft hat.
Architekturforum und Holzforum Allgäu dagegen sagen, sie seien nicht eingebunden worden: Eine aktive Nachfrage aus Kempten, ob sich heimische Firmen für die Fertigung anbieten würden, blieb offenbar aus.
Die Stadt hätte genug Holz im eigenen Wald
Eine Kommunikationspanne also? Oder doch ein Indiz dafür, dass in Kempten nicht konsequent auf Regionalität geachtet wird? Fakt ist, dass die 2016 gestartete Initiative Augsburger Studenten, den Weihnachtsmarkt mit standardisierten Holzhütten aufzupeppen, nach Fertigung eines Prototyps nicht mehr weiterentwickelt wurde. Das ist ärgerlich, weil investiertes Geld verschenkt wurde. Und es ist ärgerlich, weil die wertvollen Impulse der Studenten nun verpufft sind.
Und noch ein Gedanke, der für Holzhütten aus der Region gesprochen hätte: Die Stadt besitzt rund 40 Hektar eigenen Wald. Rechnet man den Forst der diversen Stiftungen dazu, sind es weit über 200 Hektar. Für die 30 Holzbuden wären nicht einmal 0,2 Hektar nötig gewesen. Mit dieser Ersparnis im Rücken, wären die Weihnachtsmarkt-Buden „made im Allgäu“ wohl nicht viel teurer geworden als die Südtiroler Variante, heißt es beim Holzforum. Und auch die geforderte Systembauweise sei machbar gewesen. Man hätte es halt versuchen müssen.
Ob die Hütten nun aus dem Allgäu oder dem Trentino kommen: Das nächtliche Gewand des Kemptener Weihnachtsmarktes finde ich beeindruckend. Und zumindest der Strom für die neue Lichterpracht stammt aus regionalem „Anbau“.
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