Ordnung zu halten, falle ihm besonders schwer, sagt der Mann in seiner neuen Wohnung. Er und sein Mitbewohner sind frisch eingezogen. Schränke warten noch in großen Kartons darauf, aufgebaut zu werden. Doch alleine schaffe er das nicht, sagt er. Tags darauf bekommt er Unterstützung von einem Mitarbeiter des Hoi-Vereins.
Die Psychosoziale Hilfegemeinschaft hat die zwei neuen WGs in einem Wohnblock der Sozialbau im Kemptener Zentrum eingerichtet. Fabian Nold, stellvertretender Geschäftsführer und pädagogischer Leiter, sagt: „Das Ziel ist, dass unsere Assistenz irgendwann überflüssig wird.“
Alkoholkonsum führt zu Problemen im Leben
Noch bekommt der Bewohner, der seinen Namen aus Sorge vor Stigmatisierung nicht nennen will, mehrmals pro Woche Besuch von Hoi-Mitarbeitenden. Sie helfen beim Putzen, mit der Wäsche, beim Organisieren und Leben ordnen. „Ich bin eigentlich mit allem überfordert und muss alles nochmal neu lernen“, sagt der Bewohner.
Das liege an seiner Vergangenheit, erzählt er: „Ich war hauptsächlich damit beschäftigt, mich abzuschießen.“ Alkohol konsumierte der Mann mittleren Alters, seit er 13 Jahre alt war. Drogen kamen später hinzu. Einige Jahre lebte er auf der Straße. Nach einer Trennung verbrachte der Mann vier Monate in einer geschlossenen Psychiatrie und fand danach Unterstützung beim Hoi-Verein. Sechs Jahre ist das nun her.
Sein Ziel seither: „Ich will es irgendwann in eine eigene Wohnung schaffen.“ Doch ein wichtiger Schritt dafür sei die Abstinenz. Und die falle ihm manchmal schwer. Drei Rückfälle erlebte er, den letzten im vergangenen Jahr. Was heute anders ist als früher, erzählt der Mann: „Hier wird man nicht bestraft. Es wird einem geholfen, dass es nicht nochmal passiert. Alleine hätte ich wohl einfach weitergemacht.“
WGs des Hoi-Vereins als „Übungsfeld“
Das Leben in der Wohngemeinschaft sei ein „Übungsfeld“, erklärt Nold. Nicht nur in Sachen Eigenständigkeit, sondern auch im Miteinander; im Kompromisse finden und Konflikte lösen. Die zwei Wohnungen für die WGs vermietet die Sozialbau an die Hilfsgemeinschaft. Für den Bezug waren einige Umbauarbeiten nötig, sagt Hoi-Geschäftsführer Jan Drechsler. Wände wurden gestrichen, neue Öfen eingebaut, die Küchen spendete der Lions Club Kempten.
Weil sich das Quartier am nördlichen Rand der Innenstadt in Zukunft verändern soll, läuft der Mietvertrag vorerst für viereinhalb Jahre, sagt Drechsler: „Aber das Konzept als suchttherapeutische Wohneinrichtung mit aufsuchender Assistenz wird auch danach weitergehen.“ Der Standort im Zentrum biete viele Vorteile in den kommenden Jahren. In seinem Fall etwa die Nähe zu seinem Arbeitsplatz auf einem Wertstoffhof, sagt der Bewohner.
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