Magisch und hypnotisierend wirkt das Kunstwerk am Eingang des Medienkunstfestivals Lab.30. Beim Betreten des Kulturhauses Abraxas zieht ein leuchtender Blütenring die Besucherinnen und Besucher in die Ausstellung. Die rotierenden Arme am Ring führen zu einem sanften, wiederholenden Aufblühen der Blume und zu einem ersten, immersiven Erlebnis für die Betrachterinnen und Betrachter.
Die Medienkunstszene ist wieder zu Gast in Augsburg. Unter dem diesjährigen Motto „Under Construction“ präsentieren bei der 23. Auflage des Festivals mehr als 30 regionale und internationale Künstlerinnen und Künstler ihre Werke. Wer denkt: Medienkunst heißt, Menschen starren auf Bildschirme, der liegt falsch. Fast jedes der 14 Exponate in der Ausstellung ist interaktiv und lädt zum Mitmachen ein.
Interaktive Kunst beim Festival Lab.30
An dem leuchtenden Ring „Bodhira“ hat Künstler Daniel Baer 1716 steuerbare LED-Lichter verbaut. Besucherinnen und Besucher können an einem Pult mit drei Knöpfen die Blüte zum Glitzern bringen. Es ist das erste große Werk des Nürnbergers. Von der ersten Idee bis zur Fertigstellung habe die Arbeit sechs Monate in Anspruch genommen, sagt Baer. Jeden freien Abend und jedes Wochenende hat der Medieningenieur nach eigenen Angaben daran getüftelt.
Die Werke in der Ausstellung zeigen eindrücklich, wie neueste Technologien die Kunst, aber auch das Menschsein verändern können. In dieser Hinsicht sticht besonders die Arbeit von Juliana und Andrey Vrady aus Leipzig hervor. Über eine Gesichtserkennung wird die Mimik der Besucherinnen und Besucher gescannt und die Stimmung in ein digitales Kunstwerk aus Licht und Farbe umgewandelt. Freude, Überraschung, Ärger oder Angst werden durch die Maschine sichtbar. Wie Juliana Vrady berichtet, experimentiert sie seit 2018 mit der Gesichtserkennungssoftware. Bei Testläufen habe die KI die Stimmung ihres Partners bereits besser erkannt als sie selbst. Wie weit die Gesichtserkennung ist, davon können sich Besucherinnen und Besucher beim „Dream Blender“ selbst ein Bild machen. Jeder erhält ein einzigartiges Kunstwerk und einen Einblick in die eigene Gefühlswelt – insofern man der Software vertraut.
Die künstliche Intelligenz spielt beim Medienfestival eine große Rolle. Dazu kommen Kunstwerke, Skulpturen und kreative Experimente, die zum Nachdenken einladen. Menschen mit einer Neigung zum Glücksspiel sollten nicht zu lange vor der Maschine des Künstlers Juan Luque stehen bleiben. Bei „while: hope“ werden immer wieder 20 Würfel geworfen. Der Vorgang wird so lange wiederholt, bis bei einem Wurf alle Würfel „1“ anzeigen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist extrem gering. Für Luque symbolisiert dieser Vorgang einen menschlichen Zustand, das Hoffen.
Künstliche Intelligenz steckt in vielen Kunstwerken
Kinder und Erwachsene werden gleichermaßen von der Installation von Robin Baumgarten angezogen. Der Berliner hat mit „Quantum Jungle“ ein Werk erschaffen, das spielerische Konzepte der Quantenphysik erklärt. Mit neuartigen berührungsempfindlichen Metallfedern und mithilfe von tausenden LED-Lichtern wird die Bewegung eines Quantenpartikels modelliert. Auch wer bisher wenig bis gar nichts von Quantenphysik verstanden hat, kann trotzdem an der Installation ein buntes Lichtermeer entstehen lassen.
Das Motto „under construction“ ist angelehnt an die Bauarbeiten im Kulturhaus Abraxas und an die permanente Weiterentwicklung moderner Technologien. „Medienkunst ist immer im Wandel“, sagt die Festivalleiterin Maria Trump, die das Festival zum zweiten Mal kuratiert. Mehr als 120 Künstlerinnen und Künstler haben sich im vergangenen Jahr auf einen Open-Call beworben. Mit ihrem Team hat Trump die 14 Exponate passend zum Motto und zu den Ausstellungsräumen ausgewählt.
Chancen und Risiken neuer Technologien aus Sicht der Kunst
Gemeinsam mit Jürgen Enninger, dem Referenten für Kultur, Welterbe und Sport, eröffnete Trump am Donnerstagabend das Festival. „Nichts ist so beständig wie der Wandel. Umso wichtiger ist es, ein Augenmerk auf die Chancen und Risiken des technologischen Fortschritts zu legen“, sagte Enninger. Das Lab.30 beleuchtet auf informative wie unterhaltsame Weise Möglichkeiten und Herausforderungen der technologischen Weiterentwicklung aus künstlerischer Perspektive, wie der Referent der Stadt Augsburg erklärte.
Neben der Ausstellung finden am Wochenende vom 25. Bis 27. Oktober auch Performances, Workshops und Konzerte statt. In der benachbarten Kirche St. Thaddäus wird zudem eine Klang-Performance aufgeführt. Das Duo Auvikogue aus Ulm sammelte an Orten wie Höhlen, stillgelegten Bergwerkstunneln und Gewölbekellern Umgebungsgeräusche und verarbeitete diese zu einer dichten Soundcollage.
Zudem werden bei dem Festival Lab.30 unter den 14 Ausstellern drei Preise verliehen. Einmal kürt eine Fachjury einen Gewinner, dazu kommt ein Publikumspreis und ein Preis einer Kinderjury, bestehend aus einer dritten Klasse aus Kriegshaber.
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