Startseite
Icon Pfeil nach unten
Marktoberdorf
Icon Pfeil nach unten

Alt, aber kein bisschen langsam

Marktoberdorf

Alt, aber kein bisschen langsam

    • |
    • |

    „Unsere Bikes gehen total ab“, freuen sich die „Buschkönige“. „Das liegt am Drehmoment ihres Einzylinder-Motors.“ Der mache sie bis zu einem bestimmten Punkt flexibler als andere Motorräder, erklärt Jürgen Buschkönig. „Zumal man mit weniger Schalten auskommt.“ Sie sind also schneller auf Touren als die Konkurrenz, sind eher Sprinter als Langläufer.

    Dafür sucht man glänzendes Chrom, strahlende Beschichtungen und anderen Schnickschnack bei den bis zu 210 km/h schnellen Retrobikes der Marktoberdorfer vergebens. Und das, obwohl die Buschkönigs alle Verschönerungsoptionen hätten. Sie könnten auf eigene Sandstrahlerei- und Beschichterei-Betriebe in Marktoberdorf und Memmingen zugreifen und kennen sich in der Tuning-Szene aus. Sie wollen es beim Erscheinungsbild ihrer Oldtimer-Motorräder von 1978 im Gegensatz zu vielen Konkurrenten eben möglichst authentisch haben.

    Das heißt nicht, dass sie an den 500-ccm-Bikes nicht rumschrauben. „Natürlich probiert man immer wieder was aus, um schneller zu werden“, sagt Patrick. Gerade der Motor wird fortlaufend optimiert. Dennoch werden sie unterschätzt. „Viele winken ab, wenn sie unsere Trommelbremsen sehen.“ Schon allein deshalb sei es immer ein großer Spaß, zu zeigen, dass die vermeintlichen „Schrottkarren“ nicht nur zum Semmeln holen taugen.

    Ihr Erfolg gibt den Buschkönigs recht. In der aktuellen Klassik-Moto-Trophy-Saison hat Patrick alle zwölf Läufe bei den sechs (von acht) Rennen gewonnen, an denen er teilnahm. Streckenlänge: zwei bis fünf Kilometer, Patricks Fahrtzeit pro Runde: zumeist unter zwei Minuten. Weil er den Siegerpokal der Serie damit schon in der Tasche hatte, ließ er das Abschlussrennen am 21. und 22. September in Sachsen sausen. Auch in der Vorsaison, in der er testweise drei Rennen mitfuhr, lag er einmal ganz vorne. Zudem gewann er die Klassik-EM auf dem Sachsenring.

    Das Fahren von Klassikrennen mit Retro-Bikes ist das neue Faible der von Kindesbeinen an motorsportbegeisterten Familie. Jürgen Buschkönig (56) fuhr früher Hobbyrennen am Nürburgring. Seine Söhne Patrick und Tobias machten schon als Knirpse motorisiert sein Anwesen unsicher. Als Teenies feierten sie Erfolge auf ihren Pocketbikes und mischten mit ihnen und Mini-Bikes bei (süd)bayerischen und deutschen Meisterschaften mit.

    Nach Mini-Bikes – sie haben laut dem gelernten Kfz-Mechaniker Patrick „die Dreiviertelgröße eines normalen Motorrads“ – kamen die Brüder dann zu 125ern und sausten ab 2008 beim Aprilia Cup mit über 200 km/h um die Wette. Zuletzt fuhren sie auch ein paar Rennen um die Super-Moto-Meisterschaft mit. „In der Regel waren wir unter den ersten Zehn. Wenn’s gut lief, haben wir es aber auch mal aufs Treppchen geschafft“, berichtet Patrick.

    Doch wie kamen die Brüder mit ihrem Vater als Mechaniker und Aushilfsfahrer auf die Klassik Trophy? „Anlass war 2017 die Wiederbelebung des Auerbergrennens nach 30 Jahren“, sagt Jürgen Buschkönig, selbst Veteran jener Motorsportveranstaltung. „Die Chose auf dem Auerberg macht echt viel Spaß“, sagt er. Außerdem schätzen die Buschkönigs die Abwechslung. Sie lieben es, zwischen Straße, Retro oder auch Enduro zu pendeln. Der Spaßfaktor steht im Vordergrund: „Wir jagen nicht Geld nach oder einem WM-Titel, sondern machen Motorsport – mit unserem Betrieb im Hintergrund – nebenbei, zum Spaß.“

    Wenn Vater und Söhne gemeinsam für vier Tage zu Rennen nach Hockenheim, Assen oder ins italienische Franciacorta reisen, hat das was von einem Familienausflug. „Wir sitzen mit anderen Fahrern zusammen, grillen am Lagerfeuer, feiern Geburtstage“, schwärmt Jürgen Buschkönig. „Das führt Familien zusammen.“ Wer sonst verreise denn noch mit erwachsenen Kindern? Bei der Trophy treffen sie oft auch auf alte Bekannte wie etwa Peter und Markus Preisinger aus Marktoberdorf, die ebenfalls in der hiesigen Motorsportszene bekannt sind. „Sie fahren die Trophy mit Beiwagen, Tobias und ich Solo“, sagt Patrick.

    Ob sein Bruder und er nächstes Jahr die ganze Serie mitmachen, ist noch unklar. Denn auch Motocross oder Autorennen – bisher eher zu Trainingszwecken praktiziert – reizen die experimentierfreudigen Motorsportliebhaber. Einen guten Grund gebe es, bei Retro-Rädern zu bleiben, sagt Jürgen Buschkönig. Sie seien „ein Stück Technikgeschichte“ und zögen daraus auch in Zeiten der Abgas-Debatte ihre Berechtigung. Deshalb werden sie bleiben, denkt er. „Selbst wenn sonst nur noch E-Motorräder ’rumfahren sollten.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden