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Augsburger Domsingknaben verzaubern Obergünzburg mit Bach

Einfach grandios

Augsburger Domsingknaben in Obergünzburg: Wie sie das Publikum begeistert haben

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    Ein imposantes Bild bot sich den Konzertbesuchern in Obergünzburg. Die Augsburger Domsingknaben brachten in der St. Martinskirche alle sechs Kantaten von Bachs Weihnachtsoratorium zur Aufführung.
    Ein imposantes Bild bot sich den Konzertbesuchern in Obergünzburg. Die Augsburger Domsingknaben brachten in der St. Martinskirche alle sechs Kantaten von Bachs Weihnachtsoratorium zur Aufführung. Foto: Peter Roth

    Eine Armbewegung von links nach rechts: Mehr brauchte es am Sonntagnachmittag in Obergünzburg nicht, um ein musikalisches Feuerwerk zu entzünden. Am Dirigentenpult: Domkapellmeister Stefan Steinemann. Auf der Bühne: kein geringerer Chor als die Augsburger Domsingknaben. Und dann die besagte Armbewegung - eine dynamische, ja fast schon tänzerische Geste - und die erste Explosion: „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage.“ Dazu Pauken und Trompeten - und ein Publikum, das über ein schon so oft gehörtes Werk tatsächlich erneut staunte.

    Wer die Domsingknaben nach Obergünzburg einladen hat

    Freude, Hochgefühl: Aus dem Jahreslauf der Augsburger Domsingknaben ist Bachs populärstes Oratorium kaum mehr wegzudenken, seit es ihr Gründer und langjähriger Leiter Reinhard Kammerler 1978 erstmals mit ihnen aufführte und es seitdem alljährlich erklingt. In diesem Jahr brachte der Knabenchor, der zu den renommiertesten in Deutschland gehört, alle sechs Kantaten von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium erstmals in Obergünzburg zu Gehör. Dass die Domsingknaben ausgerechnet in die Ostallgäuer Marktgemeinde kamen, war kein Zufall, sondern ist dem Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Michael Bauer zu verdanken. Bauer, der selbst bei den Regensburger Domspatzen sang und schon Konzerte mit ihnen in Obergünzburg initiiert hat, kam auf die Idee, die Augsburger Domsingknaben einzuladen. „Ich dachte, das wäre ein schönes Konzert. Und wir wussten, dass wir es logistisch stemmen können.“

    Zugewandt und einfühlsam führte Stefan Steinemann die Knabensolisten durch das Werk.
    Zugewandt und einfühlsam führte Stefan Steinemann die Knabensolisten durch das Werk. Foto: Peter Roth

    Und so setzte sich die Gemeinde mit dem Knabenchor in Verbindung und erhielt die Zusage: Die Domsingknaben kommen. In Obergünzburg begannen daraufhin die Vorbereitungen. Eine Bühne wurde gebaut, die Kirche nach Renovierungsarbeiten auf Hochglanz gebracht und weihnachtlich dekoriert. Das Bild, das sich den Zuschauerinnen und Zuschauern also am Sonntagnachmittag bot, war das Ergebnis harter Arbeit. Oder, wie Pfarrer Michael Sulzenbacher es formulierte: „Ein Abend der Musik und vorweihnachtlichen Vorfreude.“ Kaum ein Werk wäre da passender gewesen als das Weihnachtsoratorium. „Gott ist mit uns“ lautet darin die zentrale Botschaft. Eine Botschaft, die auch nach dem Anschlag in Magdeburg wichtiger denn je sei.

    Auch diesmal: Altes Werk von Johann Sebastian Bach neu entdeckt

    Domkapellmeister Stefan Steinemann, der die Augsburger Domsingknaben seit fünf Jahren leitet, war mit einem besonderen Anspruch nach Obergünzburg gekommen. Obwohl er das Weihnachtsoratorium schon unzählige Male aufgeführt hat, will er das Werk immer wieder neu entdecken, sagte er bereits im Vorab-Interview mit der Allgäuer Zeitung. Kein Abspulen, keine Routinen, lautete das Versprechen. So viel sei schon mal vornweg gesagt: Er hielt dieses Versprechen.

    Vom ersten Ton an schafften es die Domsingknaben, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Dazu das Collegium Copernicus, ein Barockorchester, das sein Können beherrscht. Klar und in den richtigen Moment durchaus opulent präsentierten sich die Musikerinnen und Musiker. Doch ließen sie stets Raum für die zarten Stimmen der Knabensolisten, die es in den insgesamt drei Stunden Konzert schafften, auch ohne Verstärkung den Kirchenraum zu füllen. Getragen wurden sie dabei von dem einfühlsamen Dirigat Steinemanns.

    Die Augsburger Domsingknaben gehören zu den renommiertesten Knabenchören in Deutschland.
    Die Augsburger Domsingknaben gehören zu den renommiertesten Knabenchören in Deutschland. Foto: Peter Roth

    Der 32-Jährige bildete das Herz von Chor und Orchester. Der Blickkontakt seiner Sänger war ihm sicher - zugewandt führte er die Solisten durch die Geschichte von der Geburt Jesu. Mit leichten und weichen Bewegungen gab er die Tempi vor. Stets moderat. Niemals aufdringlich oder überspitzt. Er gab der Musik Raum zum Atmen. Tenor Martin Platz und Bariton Sebastian Myrus, beide gefragte Bach-Interpreten, beeindruckten durch ihre klare Stimmführung und Leichtigkeit. Erfahrung und Routine ja. Blinder Automatismus nein.

    Eine besondere Stimmung macht sich beim Weihnachtsoratorium breit

    Im Publikum herrschte unterdessen eine Stille, die Bände sprach. Lang war zuvor die Schlange am Einlass und an der Abendkasse gewesen. Kein Platz war mehr auf den Kirchenbänken und der Empore frei geblieben. Das aufgeregte Stimmengewirr war einer erwartungsvollen Ruhe gewichen, sobald die Domsingknaben die Bühne betreten hatten. Und nun, zwischen all dem Jauchzen und Frohlocken, den Pauken und Trompeten und der Glaubensverkündung, machte sich auf einmal ein Gefühl der Hoffnung breit. Es entlud sich, sobald der letzte Ton verklungen war. Minutenlanger tosender Applaus und eine Losgelöstheit, ganz nach dem Motto: Wo Musik ist, da ist auch Licht.

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