Einen inspirierenden Jahresauftakt 2025 bot die Filmburg Marktoberdorf mit ihrem spontan angesetzten Samstags-Jazzkonzert. Das Liebhaber-Publikum jedenfalls kam in hellen Scharen und genoß den wundervollen Mix aus pulsierender Energie und Schönklang. Es lauschte gerne dem raunenden italienischen Jazzgesang „Il Canto del Mare“ oder „Il Vento della Sera“, mit dem der sizilianische Bassist Rosario Bonaccorso mediterrane Stimmung beschwor. Er ist dem Publikum durch wiederholte Auftritte bestens bekannt. Unvergessen ist sein erstes Konzert 2016 im Mobilé mit der Sängerin Chiara Izzi aus New York. Auf seiner aktuellen Europa-Tournee schneite er jetzt mit einem Trio in die Filmburg herein. Und hier sorgte er immerhin für eine Premiere. Denn erstmals stand auf der Filmburg-Bühne eine Jazzharfe.
Premiere in Marktoberdorf
Die „Blue Harp“ mit ihren 47 Saiten bot tatsächlich einen grandiosen Blickfang. Diese elektroakustische Pedalharfe mit sieben Pedalen war 1990 ein sensationeller Entwurf für den Einsatz in Jazz und Avantgarde. Gerade im Allgäu war Jutta Kerber eine einflussreiche Harfen-Pionierin. Nun ersetzte die italienische Star-Harfenistin Marcella Carboni im Bonaccorso-Trio gewissermaßen Piano und Gitarre und entwarf an ihrer Jazzharfe ein virtuoses, melodisch-harmonisches Fundament. Die aus Sardinien stammende Harfenistin, die heute in Zürich lebt, ist in klassischer Harfe und auch Jazzharfe ausgebildet. Sie konnte mit wie seidig gesponnenen Klangfäden und feinsten Arpeggien begleiten oder ihr Instrument herrlich melodisch ausschwingen lassen. Vor allem machte sie bei ihrer John Coltrane und Claude Debussy gewidmeten Komposition „John & Claude“ bewusst, welch gewaltiges, auch scharf angerissenes Klangspektrum die Jazzharfe bietet.
London, Ligurien, Marktoberdorf
Der 67-jährige Rosario Bonaccorso, der längst in Ligurien und Bregenz beheimatet ist, entlockte seiner „old lady“, seinem wunderbaren alten Kontrabass aus Tortona, einmal mehr geheimnisvoll lodernde Klänge. Er tischte nicht nur Titel seiner jüngsten CD „Senza Far Rumore“ auf, sondern auch ältere Hits wie „Un poco Bop“, das er bereits 2017 im spontanen Duo mit Chefdrummer Harald Rüschenbaum im Mobilé anstimmte. Wie schon bei den letzten Auftritten begleitete ihn der italienische Trompeterstar Fulvio Sigurtà, der nach langen Jahren in London heute an der Jazzakademie Siena lehrt. Seine wundervollen poetischen Töne an Flügelhorn und Trompete luden zum Träumen ein. Er umgarnte den Singsang von Bassist Bonaccorso mit seinen elegant angetupften Trompetenschlenkern. Er konnte mit der gestopften Trompete auch rauchige Klänge beschwören oder rasant auffahren zu strahlendem Glanz. Bei Fred Buscagliones alter Ballade „Guarda che Luna“ schien Fulvio Sigurtà die ganze Filmburg zu überwölben mit seiner wie weich wattierten, betörend lyrischen Spielkunst.
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