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Ein Komödiant durch und durch

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Ein Komödiant durch und durch

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    Fasnacht
    Fasnacht Foto: Alfred Michel

    Eigentlich ist er ja „ein Riederer“ und hat mit den Städtlern nichts am Hut. Aber irgendwas muss ihn wohl doch gereizt haben, sonst hätte er ja 1978 nicht zugesagt, bei den Oberdorfer Fasnachtsabenden mitzumachen. Obwohl er noch nie zuvor auf so einem gewesen war. „Man hat mich damals gefragt, die haben noch einen für ihre Gruppe gebraucht, einen Statisten, für die Schlussnummer Kaiserkrönung.“ Ein Jahr später, 1979, setzte der Neuling gleich mal aus, weil er die Meisterschule besuchte. Aber schon 1980 kehrte er zurück, und zwar gleich in vorderster Reihe, als grazile Schwanensee-Ballerina. „Für mich als Bewegungsdeppen eine Wahnsinns-Herausforderung.“ Vielleicht war es das, was Wolfgang Bolz so reizte. Die eigenen Grenzen ausloten und überschreiten.

    Spätestens bei seinem legendären Bauchtanz brachen dann alle Dämme. Bolz im prächtig roten mit paillettenbesetztem Kostüm mit Schleier, kreist lasziv seine Hüften und spürt die positiven Reaktionen des Publikums. „Alle Scheu fiel, ich war hemmungslos.“, lacht er noch heute. Die Bühne hatte ihn gewonnen und bis heute nicht mehr losgelassen.

    Dieses Jahr feiert Wolfi Bolz sein 40. Bühnenjubiläum bei der Oberdorfer Fasnacht, zählt dort zu den wichtigsten Persönlichkeiten. Auch darüber hinaus war er aktiv, in zahlreichen Aufführungen der Theaterschule Mobilé, der legendären Johannisnacht zum Schlossfest und als Statist bei 250 Aufführungen im Ludwig2Musical in Füssen. Er engagiert sich beim TSV Marktoberdorf und organisiert den Staffel-Mix-Marathon mit. Doch der Fasnacht ist er am längsten treu.

    1989 überredete er auch seine Frau Sigrid mitzumachen. „So ein Engagement geht nur, wenn beide dabei sind“, erklärt er. Sigrid bringt ihr Nähtalent ein und ist für die Kostüme verantwortlich. Unzählige Kreationen hat sie schon in wochenlanger Vorarbeit individuell angefertigt.

    1988 war Wolfi Bolz Gründungsmitglied der legendären Kneischter und ist als einziger der damaligen Originalbesetzung (Richard Fendt, Wolfi Kögel und Eugen Kögel) noch aktiv. Als Etepetete-Greinwald-Dame träumt er von großen Torten („aber bitte mit Sahne“) und als gnadenloser Altfasnachter überrascht er mit seinen Kollegen Hansjörg Kögel und Martin Barth immer wieder mit Spitzfindigkeiten und alternativen Betrachtungsweisen. Beste Satire zum lauthals Lachen.

    Bolz hat aber auch schon längst Verantwortung hinter der Bühne übernommen. 2007 wurden die Zuständigkeiten in der immer größer werdenden Organisation neu geordnet und in die Bereiche Umzug und Bühnenfasnacht aufgeteilt. Wolfi Bolz wurde zum Präsidenten der Abende. Ihm obliegt die gesamte Organisation der rund 150 Mitwirkenden. Er kümmert sich um Versicherungen, Genehmigungen bis hin zur Verpflegung hinter der Bühne. „Das mache ich aber nicht allein, wir haben Profis in allen Abteilungen. Ich bin nur der Koordinator.“

    Überhaupt sei der „Reiz der Vorbereitung“ für ihn das Besondere an der Oberdorfer Fasnacht. „Wie bei einem Uhrwerk laufen hier die Zahnrädchen ineinander und nur so kann jedes Jahr wieder eine solche Bühnenshow entstehen.“ Jede Abteilung mit ihren Verantwortlichen Willi Staud (Musik), Christoph Küster (Bühnentechnik), Manuel Mayerle (Ton), Jale Yilmaz (Maske), Vanessa Puttner (Regie) und alle Mitwirkenden arbeiten wochenlang in ihrer Freizeit auf die Abende hin und jeder leistet seinen Beitrag mit Leidenschaft und Engagement.

    Wie alle Fasnachter beschwört auch Bolz die einzigartige Atmosphäre, den Zusammenhalt und das Phänomen der fünften Jahreszeit in Marktoberdorf. „Die Oberdorfer Fasnacht ist ,Psychotherapie fürs Volk‘“, hat mal ein Besucher seiner Frau Sigrid erklärt. „Die Stadtväter bekommen hier ihr Fett weg, es wird gelästert und gemeinsam gelacht.“ Ende 2019 erhielten die Fasnachter gar die Genovefa-Brenner-Medaille der Stadt für besondere kulturelle Leistungen und Verdienste verliehen. Kulturamtsleiter Rupert Filser lobte in seiner Laudatio die Aufführungen als „nicht mehr wegzudenkende Institution“.

    „Ich denke, das Geheimnis liegt darin, das es hier was Selbstgemachtes gibt, was nur in Marktoberdorf geboten wird, ein verbindendes Element. Alle machen mit: Turner, Tänzer, Sänger und Sprecher, Jung und Alt – wo gibt es sowas denn sonst noch?“

    Diese Tradition zu erhalten, sei Verpflichtung und Ansporn zugleich, erklärt der Fasnachter-Präsident. Die alljährlich begeisterten Besucher danken es immer und immer wieder.

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