Die Marktoberdorfer Fernwärme will bis zum Jahr 2030 stark wachsen. Ende des Jahrzehnts sollen dreimal soviele Gebäude mit Wärme versorgt werden wie 2024, kündigte Geschäftsführer Carl Singer an. "Wir wollen Marktoberdorf zu einem führenden Beispiel für nachhaltige Fernwärme-Energieversorgung machen." 90 Prozent der Energie sollen bereits in sechs Jahren aus erneuerbaren Energien stammen, so sehen es die die ehrgeizigen Pläne vor. Um diese Ziele zu erreichen, sind bis Ende 2027 Netto-Investitionen in Hohe von etwa 13,9 Millionen Euro notwendig. Die Fernwärme Marktoberdorf GmbH ist ein Unternehmen der Stadt.
Nachfrage nach Fernwärme steigt in Marktoberdorf
Warum die Fernwärme Marktoberdorf den Wandel mit Nachdruck voran treibt, hat mehrere Gründe. Da ist zum einen die Gesetzeslage, wie Singer im Umweltausschuss erläuterte. So ist zum Beispiel für Fernwärmenetze vorgeschrieben, sich bis zum Jahr 2045 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu speisen. Zudem müssen alle Städte und Kommunen bis 2028 einen Plan vorlegen, der zeigt, wie sie in Zukunft ohne Öl und Gas heizen wollen. Dies ist notwendig, damit Deutschland bis 2045 seine Klimaziele erreichen kann. Doch es gibt weitere Gründe für die Ausbau- und Modernisierungspläne. So sind augenblicklich die Förderungen für effiziente Wärmenetze hoch. Und während einerseits die Nachfrage nach Fernwärmeversorgung hoch ist, sind andererseits die Anlagen in Marktoberdorf am Ende der technischen Laufzeit. "Wir stehen also durchaus unter einem gewissen Druck uns zu verändern."
Die Marktoberdorfer Fernwärme versorgt derzeit 1100 Marktoberdorfer mit Wärme (in 91 Gebäuden mit 400 Wohnungen). Das Fernwärmenetz in der Stadt hat eine Länge von 7,8 Kilometern und wird gespeist von je zwei Gas- und Pelletskesseln sowie sieben Blockheizkraftwerken und einem Ölkessel. Pro Jahr verkauft die GmbH zwischen zehn und zwölf Gigawattstunden Wärme. Der Kohlendioxid-Ausstoß beträgt in zwölf Monaten etwa 800 Tonnen.
Marktoberdorf liegt deutlich über der Quote
Rein nach der Gesetzeslage könnten sich die Verantwortlichen der Fernwärme durchaus zurücklehnen. Vorgeschrieben ist, dass sich Wärmenetze Im Jahr 2030 zu 30 Prozent aus
speisen. Die Quote übererfüllt Marktoberdorf mit 41 Prozent schon jetzt deutlich. Doch Singer sagt: "Wer stehen bleibt, kommt nicht weiter." Daher soll es in den nächsten sechs Jahren Aus- und Umbau geben, der den Anteil der erneuerbaren Energien auf über 90 Prozent steigert. Gelingen soll dies mit einer "intelligenten und innovativen Sektorenkopplung von Wärme, Strom, Gas und Grundwasser", wie Singer sagt. Potenziale für Marktoberdorf sieht Singer besonders in derzeit noch ungenutzten Grundwasserströmen, mit denen künftig leistungsstarke Hochtemperatur-Wärmepumpen betrieben werden sollen. Möglichkeiten liegen auch in der vermehrten Produktion von Biogas aus dem Klärschlamm der städtischen Kläranlage und der Landwirtschaft sowie der Nutzung von Solarthermie auf städtischen Flächen.Netz der Fernwärme in Marktoberdorf soll auf 15 Kilometer wachsen
Bedarf an der Wärmeversorgung gebe es durchaus, sagt Singer. So könnten beispielsweise die neue Grundschule St.Martin, das Modeon, die Adalbert-Stifter-Schule und Wohngebiete an der Schwabenstraße bei einem Netzausbau an die Fernwärme angeschlossen werden. Erfolgt der Um- und Ausbau nach Plan, versorgt die Fernwärme im Jahr 2030 etwa 3000 Einwohner (300 Gebäude mit 1200 Wohnungen) in der Kernstadt. Das Netz der Fernwärme wäre dann mit 15 Kilometern Länge mehr als doppelt lang wie aktuell. Da über 90 Prozent der Wärme aus erneuerbarer Energien stammen, würden pro Jahr 800 Tonnen Kohlendioxid eingespart. Der Wachstumsplan der Fernwärme Marktoberdorf ist ambitioniert, doch Singer hält die Realisierung bis 2030 für "durchaus realistisch".
Gelingen kann dies alles nur mit erheblichen Investitionen. In den Jahren 2025 bis einschließlich 2027 müssten jährlich etwa 4,5 Millionen Euro investiert werden Grundwasser-Wärmepumpen, in Solarthermie und Wärmepuffer, den Netzausbau sowie neue Biogas-Blockheizkraftwerke. Singer spricht von Gesamtinvestitionen von etwa 13,9 Millionen Euro (netto), von denen nach Abzug der Förderungen etwa acht Millionen auf die Fernwärme Marktoberdorf entfallen.
Von den Mitgliedern des Umweltausschusses erhielt Singer viel Lob für die Ausbaupläne. Bürgermeister Dr. Wolfgang Hell, die Stadt wolle die Dekarbonisierung anpacken. "Wir haben das Glück, dass wir auf großen Grundwasserströmen sitzen." Diese in Verbindung mit Wärmepumpen nutzbar zu machen, sei eine "enorme Chance" für die Stadt.
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