Gegen jede Form von Diskriminierung vorgehen und zwar mit Herz und Verstand. Das ist es, was Stefan Schweidler seinen Schülerinnen und Schülern vermitteln will. Seit August findet sich dieser Wunsch auch im Namen seiner Schule wieder: die Gabi-Schwarz-Mittelschule. Als der Schulleiter der Marktoberdorfer Mittelschule das erste Mal von der Geschichte des jungen Mädchens hörte, wusste er sofort: „Da muss ich was machen.“ Denn Gabriele Schwarz wurde mit fünf Jahren von Nationalsozialisten ermordet wurde. Die Umbenennung war nicht der einzige Grund, warum der Schulleiter Gäste in die Aula einlud. Es wurde auch das 50-jährige Bestehen der Mittelschule gefeiert.
„Gabi Schwarz, der Name ist eine Mahnung“, sagte der Marktoberdorfer Bürgermeister Dr. Wolfgang Hell. Mit der Benennung habe die Schule einen Auftrag. Es gehe um ein friedliches Zusammensein und darum, krimineller Gewalt im Land etwas entgegenzusetzen. Gabi Schwarz ist laut Hell ein Sinnbild für Menschen, die in sinnlosen Konflikten sterben müssen.
Die Gabi-Schwarz-Mittelschule soll ein Ort der Menschlichkeit sein
Das Mädchen wurde 1937 im Markt Oberdorf geboren. Ihre Mutter, Lotte Eckart, geborene Schwarz, war jüdischer Herkunft. Um ihre Tochter vor der Verfolgung der Nationalsozialisten zu schützen, gab Eckart Gabi nach wenigen Wochen zu einer Pflegefamilie nach Stiefenhofen. Dort verbrachte Gabi einige glückliche Jahre. 1941 wurde ihre Mutter deportiert und vergast. Zwei Jahre wurde Gabi ebenfalls deportiert und im Konzentrationslager Auschwitz umgebracht.
„Gabi Schwarz wurde viel zu früh aus dem Leben gerissen“, sagte Integrationsbeauftragter Selah Okul. „Sie erinnert uns, gegen Hass einzustehen.“ Die Schule solle ein Ort sein, in dem die Menschen durch Vielfalt verbunden sind. Sie soll ein Ort der Menschlichkeit sein.
„Es ist wichtig, dass wir dieses Mädchen, dass nie die Schule besuchen konnte, in Erinnerung behalten“
Stefan Schweidler, Schulleiter der Gabi-Schwarz-Mittelschule
Schüler der Marktoberdorfer Mittelschule beschäftigen sich mit Gabi Schwarz
Die Geschichte der damals Fünfjährigen packe die Schülerinnen und Schüler der Mittelschule, sagt Stefan Schweidler. Sie hätten viel Empathie für das Mädchen und seien fassungslos über ihre Geschichte. Gerade in einer Zeit, in der Antisemitismus wieder zunimmt, ist es ihm ein Anliegen, die Kinder und Jugendlichen für das Thema zu sensibilisieren. „Es ist wichtig, dass wir dieses Mädchen, dass nie die Schule besuchen konnte, in Erinnerung behalten“, sagte Schweidler. Begleitet wurde der Schulleiter beim Prozess der Umbenennung von Leo Hiemer. Der Filmregisseur und Autor recherchierte die Lebensgeschichte der jungen Gabi und veröffentlichte seine Ergebnisse in in einem Buch. Durch ihn erfuhr Schweidler von Gabi.
Wie sich die Kinder und Jugendlichen im Unterricht mit Gabi Schwarz auseinandersetzen, gibt es im Schulhaus zu sehen. An einer Pinnwand hängen Plakate, auf denen ihr Leben in einzelnen Stationen dargestellt ist. Es hängen auch Arbeiten aus, in denen die Schülerinnen und Schüler weitere bekannte Menschen vorstellen, die während des Nationalsozialismus umgebracht wurden. Darunter die Geschwister Scholl und Anne Frank.
Gabi-Schwarz-Mittelschule feiert 50-jähriges Bestehen - Viel hat sich verändert
Die Änderung des Schulnamens ist eine der aktuelleren Entwicklungen an der Mittelschule. Wie viel sich dort in den vergangenen Jahren gewandelt hat, machte Schweidler in seiner Rede deutlich. Das Gebäude wurde gebaut und später saniert, Schulsozialarbeit etablierte sich, der M-Zweig und Ganztagsklassen wurden eingeführt. Die Technik verbesserte sich stetig - vom Tageslichtprojektor zur Dokumentenkamera. Einen großen Teil zur Digitalisierung trug die Corona-Pandemie bei.
Zu ihrer Hochzeit besuchten die Schule über 1000 Kinder und Jugendliche. Heute sind es 565. Auch weltweite Krisen nahmen Einfluss auf den Schulalltag. Durch die Flüchtlingskrise 2015 und 2016 kamen viele fremdsprachige Menschen an die Mittelschule, durch den Ukrainekrieg verschärfte sich laut Schweidler die Situation. Deutschklassen wurden eingerichtet. Seit kurzem hat die Schule auch einen Förderverein. Er wurde vor wenigen Wochen gegründet.
Schulleiter der Gabi-Schwarz-Mittelschule blickt positiv in die Zukunft
Neben dem Schulnamen gibt es jetzt auch ein neues Logo. Ein Origami-Vogel. Er soll Werte der Schule, also unter anderem Freiheit, Vielfalt und Entfaltung, symbolisieren. Was bei Bildung und Erziehung wirklich zählt, darauf ging Schulamtsdirektor Andreas Roth ein: Vorbilder, an denen man sich orientieren kann, Gemeinschaften, die einen aufgehoben fühlen lassen, und Dinge, an denen die Kinder und Jugendliche wachsen können.
Für Schweidler ist Schule ein Ort es Vertrauens, der Verlässlichkeit und der Entschleunigung. Er sei stolz, Rektor an der Gabi-Schwarz-Mittelschule zu sein. Für die Zukunft hat er vor allem einen Wunsch: „Dass das friedliche, wertschätzende Miteinander weiter gepflegt wird.“
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