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In Ghana festgesteckt

Marktoberdorf

In Ghana festgesteckt

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    Nach einer 14-tägigen Fortbildungsreise für Tropenmedizin in Ghana saß der Marktoberdorfer Anästhesist, Tropenmediziner und Notarzt Dr. Bernd Sigfrid tagelang in der Hauptstadt Accra fest. Dann hatte er das Glück, noch einen Platz in der Sondermaschine der deutschen Regierung zu ergattern. Seit Donnerstag vergangener Woche ist er nun dankbar zurück in Marktoberdorf und fährt bereits wieder Notarzteinsätze.

    Als Tropenmediziner erstellt Sigfrid oft Befunde oder organisiert Rücktransporte, wenn Deutsche im Ausland krank werden. Auf der Fortbildungsreise in Ghana erfuhr er mit weiteren neun Ärzten unter anderem vieles über Flussfieber oder auch Lepra. Nach 14 Tagen sollte die Rückreise erfolgen: Doch erst am Flughafen erfuhr er, dass sein Flug gestrichen worden war. Weder die Lufthansa noch sonst jemand habe vorher Nachricht gegeben. Sigfrid hatte Glück. Über die deutsche Botschaft hatte er einen Flug von Accra über Addis Abeba/Äthiopien und Paris nach Düsseldorf erhalten. Und dann das: Am Flughafen wurde ihm gesagt, sein Name stehe nicht im System. Anhand seines Smartphones konnte Sigfrid allerdings beweisen, dass er bei Ethiopian Airlines gebucht war. Doch nützte ihm dies nichts. Er wurde weggeschickt.

    Zurück im Hotel war die Zahl der Gäste auf zehn geschrumpft, der Service einschließlich Essenversorgung entsprechend zurückgefahren worden. „Ich hatte noch nie solche Angst, auf unbestimmte Zeit in einem Land festzusitzen, in dem die Stimmung gegen Ausländer so plötzlich kippte“, erzählt er. Schon ein kleiner Schnupfen hätte ihn vor unlösbare Probleme stellen können. Die Leute auf der Straße hätten vor ihm als Weißem Angst gehabt, ihr Gesicht abgedeckt und ihm klargemacht, dass er ihnen fernbleiben solle. Lediglich ein junger Mann, der in Deutschland studiert hatte, gab ihm seine Adresse und Telefonnummer, eine junge Frau reichte ihm die Anschrift ihrer Familie, falls er Hilfe benötige. Inzwischen waren seine Telefonkosten auf weit über 500 Euro angestiegen.

    Vor der deutschen Botschaft übernachteten Rucksacktouristen bereits auf der Straße, weil sie nirgends mehr unterkamen. Der Botschaftsarzt gab ihm dann den Rat, sich auf der Webseite des Auswärtigen Amts unter elefand.diplo.de, der elektronischen Erfassung von Deutschen im Ausland, zu registrieren. Doch musste dies jeden Tag aufs Neue passieren, da die Seite nachts gelöscht wurde, um sicherzugehen, dass keiner enthalten ist, der noch eine Möglichkeit hatte auszureisen. Endlich erhielt er eine E-Mail mit der Nachricht, dass er für den Sonderflug der Regierung registriert sei.

    Sigfrid musste unterschreiben, dass er für die Flugkosten aufkomme. Die Mail war trotzdem keine Garantie, dass er mitkommt, vielmehr müsse er auch auf der Liste am Flughafen aufgeführt sein. Also erneut zum Flughafen und anstehen. Zwei Personen vor ihm in der Reihe wurden aussortiert, weil ihr Name nicht auf der Liste vermerkt war. Nun hieß es, Daumen zu drücken – und dann: Auf Seite drei sein Name. Er durfte einsteigen.

    „Ich kann nun wirklich nachvollziehen, wie sich mancher Asylbewerber bei uns fühlt, wenn er – die Sprache nicht oder nicht gut beherrschend – selbst gar nichts mehr tun kann und auf die Entscheidungen anderer angewiesen ist“, sagt Sigfrid.

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