„Alles wird gut“: Diese Aufschrift leuchtet die Tage vom Künstlerhaus Marktoberdorf herab. „Alles wird gut“ ohne ein Fragezeichen, Komma oder Ausrufezeichen dahinter - bewusst, wie Wilhelm Keitel sagt. „Wir haben alles offen gelassen“, sagt Keitel. Und mit „wir“ meint er an diesem Abend den Kunstverein Marktoberdorf. Der Verein hat sich dem Thema, wie es in seiner Natur liegt, auf künstlerische Art und Weise genähert und eine neue Ausstellung unter ebendiesem Titel im Künstlerhaus auf die Beine gestellt. Gewagt? Nein, absolut stimmig – wie sich bei der Vernissage zeigt.
Es ist Tradition, dass der Kunstverein eigene Ausstellungen im Künstlerhaus organisiert. Dass es dieses Jahr unter der Federführung des Vorsitzenden Wilhelm Keitel und Beate Keitel geklappt hat, freut nicht nur den Stiftungsvorsitzenden Carl Singer. „Es tut Marktoberdorf, dem Kunstverein und der Kunst- und Kulturstiftung sehr gut“, sagt er. Vor allem, wenn man sieht, wie viel Herzblut die Keitels hineinstecken.
Dresdner Komponist stellt in Marktoberdorf aus
Es ist eine sehr persönliche Ausstellung, die der Kunstverein präsentiert. Das fängt schon bei den renommierten Namen an, die hinter den Arbeiten im Künstlerhaus stehen: Ulrike Heise und Sven Helbig. Mit Sven Helbig verbindet Keitel eine tiefe Freundschaft, wie er sagt. Alles begann vor 12 Jahren. Damals las Wilhelm Keitel einen Beitrag über den Dresdner Komponisten. Helbig, der seit vielen Jahren mit Größen wie Rammstein und den Pet Shop Boys zusammenarbeitet, machte etwas, was Keitel faszinierte: „Er hat einen Weg zwischen Unterhaltungsmusik und klassischer Musik gefunden“, sagt Keitel. Helbig verbindet in seinen Arbeiten klassische Musik mit elektronischen Klängen. Er geht neue Wege.
Kunst, Musik und vieles mehr in Marktoberdorf
Beim ersten Kennenlernen stimmte die Chemie. Viele gemeinsame Projekte folgten. Keitel lernte auch Helbigs Frau, Ulrike Heise kennen, die Künstlerin ist. So kam die Idee einer Ausstellung zustande. Es ist das allererste Mal überhaupt, dass Helbig und Heise ihre Werke gemeinsam der Öffentlichkeit präsentieren. „Deshalb ist das auch für uns etwas ganz Besonderes“, sagt Helbig.
Es gibt immer wieder Begegnungen zwischen unseren Arbeiten, sagt Helbig. Heise habe für ihn schon Werke angefertigt, wie das Cover zu „Tres Momentos“, ein dreiteiliges Stück, das Helbig komponierte. Das Bild hängt im Untergeschoss des Künstlerhauses. „Tres Momentos“ beschreibt Unordnung und Struktur, Heiliges und Profanes, Leben und Tod, die sich einander bedingen. Das Cover zeigt drei parallel verlaufende schwarze Streifen auf weißem Hintergrund - ein Trigram, das für das Universelle und die schöpferische Kraft steht.
Ulrike Heise erschafft eine eigene Welt
Diese schöpferische Kraft zieht sich wie ein roter Faden durch das Künstlerhaus. Angefangen im Obergeschoss, wo zahlreiche Werke von Heise zu sehen sind. Sie hat sich auf Porträts konzentriert. Ihre Kunst ist unmittelbar und nah. Mal befindet sich der Betrachtende Auge in Auge mit dem Kunstwerk, dann wähnt er sich wieder als stiller Beobachter. Einen Spiegel hält Heise ihren Porträtfiguren jedoch nicht vor. Sie erschafft ihre eigenen Realitäten - kraftvoll und einfühlsam zugleich. Heise entführt in eine Welt, in der Tränen durch Farbe sichtbar werden. Oder vielleicht ist Farbe auch nur Farbe - das liegt ganz im Auge der Besucher.

„Wir wollen, dass sich jeder fragt: Was können wir tun, damit alles gut wird“, sagt Keitel. Er hatte bereits im Vorfeld angekündigt: Die Ausstellung wird anders. Und damit hat er nicht zu viel versprochen. Nicht nur die Leuchtschrift an der Fassade des Museums ist ein Novum. Auch das Konzept hat es in sich. Das Künstlerhaus ist nämlich Museum und Konzertsaal zugleich. Im Untergeschoss sind auf großen Leinwänden Musikarbeiten von Sven Helbig zu sehen. Etwa das Musikvideo zu „Vision“. Visionäre Klänge, die pulsieren. Ideen, die sich aufbauen und dann wie Rauch in den Himmel steigen und sich entfalten. Vergänglichkeit und Neuanfang zugleich. Doch auch dort lässt Helbig viel Raum für die eigene Gedankenwelt. Keine Grenzen werden gesetzt.
Konzert am Sonntag in Marktoberdorf
„L‘infinito“, die Unendlichkeit, heißt ein Werk von Helbig, das Keitel bei der Eröffnung am Klavier spielt. Beate Keitel liest dazu das gleichnamige Gedicht von Giacomo Leopardi. „Und in den Sinn kommen mir die Ewigkeit und die vergangenen Zeiten und die lebendige Gegenwart und ihr Klang“, trägt sie vor. Die Zeilen hätten nicht passender sein können. Und in diesem Moment wussten die Besucher: „Alles ist gut!“ - bewusst mit einem Ausrufezeichen dahinter.
Die Ausstellung hat samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Am Sonntag, 9. Februar, findet im Künstlerhaus um 16 Uhr das Konzert „Pocket Symphonies“ statt. Unter der Leitung von Wilhelm Keitel spielen ein Streicher-Ensemble und Birgit Brücklmayr am Klavier. Der Eintritt ist frei. Ide, die 14-jährige Tochter von Sven Helbig, kam auf die Idee, einen Escape-Room im Künstlerhaus zu organisieren. Die Besucher haben jeweils eine Stunde Zeit, mithilfe von Rätseln und Hinweisen einem Kunstraub auf die Schliche zu kommen. Wer am Samstag, 15. Februar, mitmachen will, kann sich per WhatsApp bei Beate Keitel unter der Nummer 01709062652 anmelden.
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