Neulich saß Gerhard Kraus mit seiner Frau beisammen und sie überlegten, was ihm am Bürgermeisteramt in Ronsberg am meisten Freude bereitete. „Das waren die Kinder“, sagt Kraus, der nun nach 18 Jahren aus dem Amt schied. „Es hat mir immer gefallen, wie unbefangen und ohne Angst sie auf mich zugingen.“ Im Kindergarten wie im Schulhof. Er berichtet davon, wie er gefragt wurde, ob er einen Fendt- oder einen John-Deere-Traktor für den Bauhof gekauft habe oder davon, wie Kinder ihren Bürgermeister als „den Mann mit dem großen Hut und dem alten roten Mercedes“ erkannten.
Kitas und Schulen: Kinderbetreuung war ihm wichtig
Eine gute Kinderbetreuung vor Ort ist Kraus wichtig. 2002 trat er mit der Forderung an, die Grundschule zu erhalten. Was ihm gelang. „Voraussetzung dafür ist ein stabiler Kindergarten“, sagt Kraus. „2002 waren wir eine der ersten Kommunen unserer Größe, die eine Mittagsbetreuung mit Essen einführten.“ Außerdem hatte der Kindergarten bis 16 Uhr auf. 2004 kamen Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung für Grundschüler hinzu. Das fortschrittliche Kita-Angebot wurde angenommen, auch weil täglich 1.000 Arbeiter aus der Region zur Firma Huhtamaki pendelten. Mittlerweile haben auch alle Nachbarkommunen gute Betreuungsangebote für Kindergartenkinder. Trotzdem gibt es in Ronsberg nach wie vor genügend Nachfrage für den zweigruppigen Kindergarten samt neu aufgebauter Krippe. „Noch stehen wir bei den Kindern solide da“, freut sich Kraus.
Er nennt etliche weitere Erfolge, sagt, wie viel man trotz schwieriger Finanzlage für Wasser und Hochwasserschutz getan habe. „Es war ein schöner Moment, zu sehen, dass die Anlieger kein Wasser mehr schöpfen und Angst um ihre Anwesen haben müssen, weil der Sportplatz als Rückhaltefläche und die Hochwasserfreilegung voll funktionieren.“ Kraus ist stolz, auf welch sichere Basis man die Wasserversorgung stellte. „Fürs Wasserschutzgebiet 1 und 2 hat die Gemeinde 20 Hektar Grund erworben. Das ist fast ein Alleinstellungsmerkmal.“ Zumal die Sesenquelle als Notversorgung stabilisiert wird. Zum Thema Abwasser: Ab 2004 wurden die alten Kanäle an die Kläranlage angeschlossen. Auch das Blockheizkraftwerk für Schule, Mehrzweckhalle, Rathaus nennt er in seiner Bilanz.
Wichtigste Investitionen: Nordzufahrt zu Huhtamaki in Ronsberg
Insgesamt wurden in Kraus’ Amtszeit Investitionen von 15 Millionen Euro getätigt. Vier Bauleit- und 36 Detailplanungen und 21 Tiefbauprojekte wurden durchgezogen, sagt er. „Das waren alles Pflichtaufgaben.“ Auf der anderen Seite stünden Schulden von 5,5 Millionen Euro. „Rechnet man das gegen, sieht man, dass der Markt nicht schlecht gewirtschaftet hat.“ Kraus (61) hat jedes Detail im Kopf. Das ist auch bei der Straße Richtung Mindelheim so oder der Nordzufahrt zu Huhtamaki. Der frühere Fernmeldehandwerker war bei den Gemeindebaustellen oft täglich vor Ort.
„Unsere Einwohnerzahl ist auf 1700 gestiegen“, sagt Kraus, als er über das Thema Wohnraum spricht. Er ist stolz auf das Erreichte, von den Wolfser Äckern, ab 1996, bis zum Baugebiet Binzerhof. Zugleich hat er die Zukunft im Blick. Das wird klar, wenn er über Generationen-Bauprojekte spricht, die Chancen für Wohnraum im Nordosten (Neuenrieder Straße) oder einen großen Einkaufsmarkt. Im Prinzip sei Ronsberg mit einem Metzger, zwei Bäckern und einem kleinen Edeka-Dorfladen aber eh gut aufgestellt.
Kraus schwärmt, wie stark der Zusammenhalt am Ort sei und wie gut er sich stets auf die „unheimlich aktiven“ Vereine verlassen konnte, wenn er Hilfe brauchte. Davon, wie sie im Fasching die Bewirtung übernahmen, „ohne eine Gegenleistung zu verlangen“, und davon, wie an einem Strang gezogen werde, wenn es um Aktivitäten mit dem Partnerort Saint-Ouen-du-Breuil (Normandie) geht. „Genauso konnten die Vereine freilich immer zu uns kommen, wenn sie was gebraucht haben.“ Ein toller Moment war für Kraus die Ehrenbürger-Ehrung für Johann Nett, der wie er 30 Jahre lang politisch aktiv war und mit dem er (ab 1990) noch eine Periode im Marktrat war. Dessen Sohn Werner Nett wiederum scheidet mit Kraus nach 18 gemeinsamen Jahren aus dem Rat aus.
„Ich war mit Herz und Seele für die Gemeinde tätig“, sagt Kraus zum Abschied. „Aber jetzt will ich meinem Nachfolger nicht im Weg stehen.“ Das heiße, dass er sich nun erst mal völlig zurückziehe. Erst nach einer längeren Pause könne er sich vorstellen, wieder aktiv für die Gemeinde, etwa im Rentnertrupp, mitzuarbeiten. Bis dahin will er seine Zeit seiner Frau und der Familie widmen – und der Musik, seinem größten Hobby. „Vor allem will ich wieder E-Bass spielen“, sagt Kraus, der auch Saxofon, Trompete und Klavier beherrscht.