Startseite
Icon Pfeil nach unten
Marktoberdorf
Icon Pfeil nach unten

Reinlichkeitswahn schadet Schwalben im Ostallgäu

Tierwelt

Reinlichkeitswahn schadet Schwalben im Ostallgäu

    • |
    • |
    Rauchschwalben gehören zu den häufigsten Schwalbenarten in Bayern. Trotzdem gelten sie als bedroht.
    Rauchschwalben gehören zu den häufigsten Schwalbenarten in Bayern. Trotzdem gelten sie als bedroht. Foto: Hermann Ernst (Archivfoto)

    Der kalte Frühling in diesem Jahr hat den Schwalben in der Region zu schaffen gemacht. „Sie waren viel zu früh da“, sagt Peter Griegel vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Kälteeinbrüche, wie heuer im April, habe es zwar immer wieder gegeben, selten aber in dieser Länge, berichtet der Füssener. Umso wichtiger sei es, dass zum Beispiel die Rauchschwalben in relativ warmen, nicht sterilen Ställen Unterschlupf finden. Dort können die Insektenfresser trotz der Kälte Spinnen und Fliegen als Nahrung finden. „Aber solche Ställe werden immer weniger“, bedauert Griegel.

    Sorgen macht ihm auch die Entwicklung der Schwalben-Population in der Region insgesamt. „Ich kenne kein Gebiet im Bereich meiner Zuständigkeit im Ostallgäu, in dem sich die Anzahl der Rauch- und Mehlschwalben stabilisiert hat“, berichtet der Naturschützer. Als Grund dafür nennt er zum einen den Insektenschwund und damit den Verlust der Nahrungsquelle für die Schwalben. Zum anderen leiden die Vögel darunter, dass sie keine Nistplätze mehr finden. Die ortstreuen Tiere bauen ihre Nester oft in einer von Menschen geprägten Umgebung. „Viele Nistplätze gehen jedes Jahr durch Sanierungen oder Entfernung der Nester verloren“, sagt LBV-Gebäudebrüterexpertin Corinna Lieberth. Griegel findet den „Reinlichkeitswahn vieler Hausbesitzer traurig und unverständlich. Ist es wirklich so schwierig, unter ein Schwalbennest zum Schutz der Fassade ein Kotbrett zu montieren?“

    Lob für zehn Nester an neu renoviertem Mietshaus

    Wie gut das funktionieren könne, zeige ein Mietshaus in der Froschenseestraße in Füssen. Das Gebäude wurde renoviert und im Zuge dessen wurden an die zehn Nester für Mehlschwalben mit Kotbrettern darunter angebracht. Dort seien auch bereits Vögel eingezogen. Für Griegel ist dieses Haus sein nächster Aspirant für die Auszeichnung „Schwalbenfreundliches Haus“. Diese Plakette verleiht der LBV an Gebäudebesitzer, die sich darum bemühen, Schwalben Nistmöglichkeiten zu geben. Außerdem soll sie andere Menschen darauf aufmerksam machen, wie wichtig der Schutz der Schwalben ist. Griegel hat die Auszeichnung im Füssener Land mittlerweile fünf Mal vergeben. Ein Bewerbungsformular dafür gibt es unter www.lbv.de/schwalbenhaus.

    Rauchschwalben oder Bauernschwalben – gut erkennbar an ihren langen Schwanzspießen und der braunroten Färbung an Kehle und Stirn – bevorzugen zum Nisten Ställe, Scheunen oder überdachte Bereiche, wie zum Beispiel Arkadengänge. Ihre Verwandten, die Mehlschwalben mit ihrem blauschwarzen Gefieder und dem weißen Bauch, nutzen vor allem rau verputzte Hauswände unter geschützten Dachvorsprüngen, um ihre Nester zu bauen. Die Nistplätze beider Schwalbenarten sind streng geschützt. Wer sie entfernt, verstößt laut Griegel gegen das Naturschutzgesetz. Das könne mit Strafen bis in den vierstelligen Bereich und in besonderen Fällen sogar mit Haft geahndet werden.

    12 000 Flugkilometer

    Beide Schwalbenarten sind Langstreckenzieher und kehren im Frühling „nach teilweise über 12 000 Flugkilometern aus ihren afrikanischen Überwinterungsgebieten zurück“, erklärt LBV-Expertin Lieberth. Als „Mitbewohner“ in Ställen und an Häusern gelten sie auch als Glücksbringer. Rauch- und Mehlschwalben sind die beiden noch am häufigsten vorkommenden Schwalbenarten in Bayern. Dennoch sinkt ihre Zahl. Dabei kann laut Lieberth jeder etwas für ihren Erhalt tun und mit dem Schutz vorhandener Nester anfangen.

    Lesen Sie auch: Warum kommen so wenige Vögel zu den Futterhäuschen?

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden