Noch immer ist Antisemitismus in Deutschland auf der Tagesordnung. Falschnachrichten über Jüdinnen und Juden, heute besser bekannt als Fake News, leben auch nach dem Zweiten Weltkrieg in den Köpfen vieler weiter. Die Gabi-Schwarz-Mittelschule Marktoberdorf ist stetig dabei, ihre Schüler für dieses Thema zu sensibilisieren. Deswegen engagierte die Schule, gesponsert vom Lions Club Marktoberdorf, das Junge Theater Augsburg mit ihrem Jugendtheaterstück „Tacheles“. Die Schauspieler verdeutlichten den Siebtklässlern den immer noch existierenden Judenhass in unserer Gesellschaft.
Das Stück spielt in der Wohngemeinschaft des Katholiken Paul („reinrassiger“ Deutscher), des Moslems Kinan (gebürtiger Syrer) und der Jüdin Irina (gebürtige Russin) – ihre unterschiedlichen Herkünfte und Religionen spielen in der WG keine Rolle. Mit Theaterpassagen, genauer gesagt einem Gespräch nach einer wilden WG-Party und Faktenchecks zu Antisemitismus ziehen die Schauspieler die Schüler in ihren Bann.
Theaterstück über Judenhass schockiert Schülerinnen und Schüler
Manche teils abstruse Vorurteile bestünden schon seit der Kindheit und würden nicht hinterfragt: „Juden wollen die Weltherrschaft an sich reißen“, „Juden fressen kleine Kinder“, „Juden sind schuld an Corona“. Öffentlich den Davidstern oder eine Kippa zu tragen oder zu sagen „Ich bin Jude“, trauten sich viele nicht. Die zwei jüdischen Schulen, die es in Bayern gibt, benötigten Polizeischutz, Gitter und Überwachungskameras, um sich zu schützen. Als „schockierend“ bezeichnete eine Schülerin im Nachgespräch diese Tatsachen.
„Ich finde es auch echt krass, wie schnell Vorurteile kommen können“, sagte die Siebtklässlerin. „Es ist unverschämt, dass man das immer wieder aufleben lässt“, kommentierte ein Siebtklässler den ebenso antisemitischen wie menschenfeindlichen, aber immer noch benutzten Spruch „Juden gehören in die Gaskammer“. „Ich habe nie verstanden, warum so ein Hass auf sie geschoben wird“, ist eine andere Schülerin sprachlos. „Warum wird man zusammengeschlagen, weil man zu irgendeiner Religion gehört?“, pflichtete ein Mitschüler ihr bei.
Antisemitismus: Wie die Gabi-Schwarz-Mittelschule sensibilisieren will
Vorurteile bestehen laut der Theatergruppe weiter, weil man „das einfach immer schon so gehört hat“ und die Dinge nicht hinterfrage. In einer eindrücklich dargestellten Endlosschleife stellte die Theatergruppe die Übergriffe auf Juden dar. „Es war mir nicht klar, dass es so viele antisemitische Vorfälle gibt“, sagte eine weitere Schülerin. Um Christen müsse man sich keine Sorgen machen, um Juden schon. Jüdische Fußballvereine müssten sich immer noch Beleidigungen wie „Judensau“ anhören und würden bei Spielen oft angegriffen.
Eine wichtige Erkenntnis in der gemeinsamen Nachbesprechung: Man müsse nicht immer einer Meinung sein, könne sich auch mal streiten, sollte sich dann aber wieder vertragen. Traurig sei, dass banale Dinge manchmal zum größten Streit führten. Zusätzlich zum gemeinsamen Nachgespräch nach dem Theaterstück finden nach den Pfingstferien für die Schüler Workshops mit Theaterpädagogen statt.
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