Mit dem Weltfrauentag und dem Equal Pay Day scheint sich Anfang März vieles um die Frau zu drehen. Besonders im Job ist eine ungleiche Behandlung der Geschlechter immer wieder Thema. Aktionstage sollen auf die Ungerechtigkeit, die Frauen im beruflichen Alltag erleben, aufmerksam machen. Doch wie steht es um die Männer? Wie gleich ist deren Gleichstellung?
Weniger Männer in Teilzeit beschäftigt
Wer denkt, Männer hätten es im beruflichen Umfeld immer leichter, liegt laut Heike Krautloher falsch. Die Gleichstellungsbeauftragte am Landratsamt Ostallgäu kennt nicht nur die beruflichen Anliegen der Frauen, sondern auch die der Männer. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch für Männer kein einfaches Thema. Dass „durch familiäres Engagement die Karriere der Frauen gebremst wird“, ist längst kein Geheimnis mehr. Teilzeit-Arbeit komme aber auch für immer mehr Männer in Frage. „In der Generation der jetzt 30-Jährigen höre ich langsam mehr von Teilung der ‚Familienarbeit’ zwischen den Partnern und dass auch die Männer dafür beruflich kürzer treten“, sagt Krautloher. Ihrer Einschätzung nach seien das aber noch keine 30 Prozent. (Lesen Sie auch: Corona in der Kita, Kind in Quarantäne - wie lief's? Eine Mutter und ein Vater berichten)
Vor nicht allzu langer Zeit hatte Krautloher ein Beratungsgespräch mit einem Familienvater, der mit Frau und Kindern ins Ostallgäu zog. Die Ehefrau nahm eine Vollzeitstelle an, der Maschinen-Ingenieur machte sich auf die Suche nach einer Teilzeit-Stelle, um sich halbtags um den Nachwuchs kümmern zu können. Einen Job aber habe er nicht gefunden. „Viele werden sich bei seiner Bewerbung wohl gedacht haben: ‚Was ist denn das für ein Ingenieur, der in Teilzeit arbeiten will?’“, sagt Heike Krautloher.

Zuerst in Vollzeit, dann Teilzeit arbeiten
In der Gesellschaft sei noch nicht akzeptiert, dass Männer wegen der Familie in Teilzeit arbeiten. „Dann besteht sicherlich auch oft die Befürchtung oder die tatsächliche Gefahr, dass das Geld oder die Rente später nicht reicht.“ Wenn ein Mann wünscht, in Teilzeit zu arbeiten, könne er verschiedene Strategien nutzen. Mittlerweile seien einige Stellen für Teilzeit ausgeschrieben. Falls aber nur eine Vollzeitstelle angeboten wird, solle man sich nicht scheuen, auch nach Teilzeit zu fragen. „Notfalls kann jeder Teilzeitjob-Suchende auch fürs Erste einen Vollzeit-Job annehmen und später, wenn Vertrauen in die gute Leistung und Zuverlässigkeit aufgebaut ist, dann mit dem Arbeitgeber leichter kreative Lösungen für Teilzeit aushandeln“, sagt Krautloher. (Lesen Sie auch: So stark lässt die Corona-Krise die Ungleichheit in Deutschland anwachsen)
Boys Day bereits 2006 im Ostallgäu ausgerufen
Um auch die klassische Berufsaufteilung der Geschlechter aufzubrechen, rief Krautloher bereits 2006 den Boys Day (Tag für Jungen) aus. Den Girls Day (Tag für Mädchen) gibt es im Ostallgäu bereits seit 2003 und soll Mädchen und Frauen motivieren, technische und naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen. „Ich dachte mir, warum soll es das für Mädchen, aber nicht für Jungen geben?“, sagt Heike Krautloher, die seit 2003 als Gleichstellungsbeauftragte tätig ist. „Deshalb habe ich den Boys Day einfach ausgerufen und keiner hat etwas dagegen gesagt.“ 16 Kindertagesstätten und zehn Pflegeeinrichtungen aus dem Ostallgäu boten damals einen Schnuppertag für Jungen an. 2011 wurde der Boys Day dann sogar bundesweit als Aktionstag eingeführt und soll jungen Männern vor allem soziale Berufe näherbringen. „Wegen der Corona-Pandemie mussten beide Aktionstage 2020 leider ausfallen“, sagt Krautloher. Heuer sollen beide Tage am 22. April mit Präsenz- und Online-Angeboten stattfinden.
Berufliche Situation nicht klaglos hinnehmen
Mittlerweile meldeten sich insgesamt weniger Menschen bei der Gleichstellungsbeauftragten, um beruflichen Rat zu suchen. „Als ich vor 17 Jahren angefangen habe, klingelte noch öfter das Telefon“, sagt Krautloher. Sie vermute, dass einige heutzutage ihr Anliegen im Internet recherchieren und sich Tipps in Foren holen. Männer schrecke möglicherweise auch der Begriff „Gleichstellungsbeauftragte“ ab. Denn es holten sich überwiegend Frauen Rat bei ihr. Egal welches Geschlecht: Wer sich in seinem Beruf ungleich behandelt fühlt, sollte sich informieren und beraten lassen. Auf keinen Fall solle man „es klaglos hinnehmen“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte.
Lesen Sie auch: Corona: Falle oder Chance für berufstätige Frauen im Allgäu?