Nicht jeder Auszubildende im Landkreis Ostallgäu kommt problemlos durch die Lehre. Die Gründe dafür sind vielfältig und dementsprechend auch der Unterstützungsbedarf. Die Initiative „Verbesserung von Ausbildungserfolgen (VerAplus)“ des Senior-Experten-Service (SES) hilft, eine Lehre trotzdem abzuschließen, heißt es in einer Mitteilung vom Landratsamt Ostallgäu.
Sogenannte Senior-Experts (erfahrene Berufstätige) begleiten junge Menschen kostenlos in einem sogenannten Tandemverfahren. Das Besondere an diesem Model sei, dass sich um jede Person, eine Begleiterin oder ein Begleiter, individuell kümmert. Der Antrag auf die Ausbildungsbegleitung kann von den Jugendlichen, dem Betrieb, den Eltern oder Großeltern, sowie von Ausbildungsbegleitern gestellt werden.
Ostallgäu: „Verbesserung von Ausbildungserfolgen (VerAplus)“ soll Azubis helfen
Auch Reza Ihsani habe diese Unterstützung in Anspruch genommen und durch seinen „Tandempartner“ Gerhard Scholze profitiert. Ihsani ist 28 Jahre, aus Afghanistan und seit Herbst 2015 in Deutschland. Seine ersten Ziele seien es gewesen, Deutsch zu lernen und eine Ausbildung zu absolvieren.
„Da die Ausbildung für die jungen Migranten ein wichtiges Sprungbrett zur Integration ist, liegt mir die Begleitung am Herzen.“
Gerhard Scholze, Senior-Expert bei „VerAplus“
Trotz großer Eigenmotivation merkte er, dass er bei seiner Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker Unterstützung bei den Fachbegriffen benötigte, heißt es in der Mitteilung weiter. Diese hatte er 2018 beim Autohaus Bobinger in Obergünzburg angefangen. „Wenn ich die fremden Worte nicht kenne, dann komme ich auch nicht weiter“, sagt Ihsani.
Wie Senior-Experts die Auszubildenden im Ostallgäu unterstützen
Sein Ausbildungsbetrieb habe sich dann an „VerAplus“ gewandt und Gerhard Scholze sei ins Spiel gekommen. Er ist einer von 34 Experten im Ostallgäu, die im Ruhestand als Tandempartner zur Seite stehen. Als Sozialpädagoge hat er Erfahrung mit Jugendlichen im Übergang von der Schule zum Beruf. Migration, Integration, Jugendhilfe seien immer seine Themen gewesen.
„Da die Ausbildung für die jungen Migranten ein wichtiges Sprungbrett zur Integration ist, liegt mir die Begleitung am Herzen. Es ist schön, Spuren zu hinterlassen und etwas bewegen zu können, macht glücklich“, sagt Scholze. Die beiden trafen sich jeden Morgen, 30 Minuten vor Arbeitsbeginn, im Aufenthaltsraum des Ausbildungsbetriebs und lernten Fachbegriffe.
Wenn es darum ging, Teile anzuschauen, konnten sie in die Werkstatt gehen und Theorie und Praxis verbinden. Dies half Ihsani voranzukommen. Zudem unterstützte Scholze ihn, vorzeitig aus dem Übergangswohnheim in Obergünzburg privat bei einem Freund einen Wohnraum zu bekommen. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung hat Ihsani beim Autohaus Huber in Marktoberdorf als Kfz-Mechatroniker gearbeitet. Als er in die Industrie wechseln wollte, habe Scholze ihn ebenfalls unterstützt. Nun arbeitet Ihsani seit April 2023 mit festem Vertrag in der Montage bei Agco Fendt und hält weiterhin Ausschau nach Entwicklungsmöglichkeiten und schließt auch die Meisterschule nicht aus.
Das sind die Ziele der Ehrenamtsorganisation „VerAplus“
„VerAplus“ ist ein Programm des SES, eine der größten deutschen Ehrenamtsorganisationen für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand. Dieses richtet sich an Auszubildende sowie an Teilnehmerinnen und Teilnehmer von berufsvorbereitenden Maßnahmen – unabhängig von Alter, Herkunft oder beruflicher Richtung – die in der Ausbildung auf Schwierigkeiten stoßen und mit dem Gedanken spielen, ihre Lehre abzubrechen, so die Mitteilung. Koordiniert wird „VerAplus“ im Allgäu von Roland Müller.
Im Laufe der Begleitung werden nicht nur schulische, sondern auch persönliche Probleme mit Kollegen, Vorgesetzten, Vermietern oder im Elternhaus bekannt, die mit begleitet werden, heißt es weiter. Die Ziele seien vor allem eine Stärkung der sozialen Kompetenz, der Ausgleich fachlicher Defizite, die Bewältigung von Prüfungsstress, die Verbesserung der Selbstorganisation, die Förderung der Motivation und ein erfolgreicher Ausbildungsabschluss.
Es gehe darum, dass die Auszubildenden stark durch die Lehre kommen und fit in das spätere Berufsleben einsteigen. Im Ostallgäu werden laut der Mitteilung aktuell vor allem Experten in folgenden Bereichen gesucht: Pflege, Erziehung und Garten- und Landschaftsbau. Die Bildungsberatung des Landkreises Ostallgäu unterstützt die Initiative über bestehende Netzwerke bei der Gewinnung von interessierten Ehrenamtlichen und unterstützungsbedürftigen Jugendlichen. (pm)
Infos und Anmeldung online unter: www.vera.ses-bonn.de. Fragen beantwortet Christine Hoch unter Telefon 08342/911293 sowie per E-Mail: christine.hoch@lra-oal.bayern.de
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden