Gewürzt mit Anekdoten erzählte Ottmar Schnitzer im Rahmen der Hoigarta-Abende des Heimatvereins über die Zeitung im Wandel der Zeit. Lebendig wurde dies anhand der Entwicklung vom Oberdorfer Landboten bis zurAllgäuer Zeitung. Damit habe er nicht nur die Geschichte der Familie Schnitzer beleuchtet, sondern auch ein Stück Heimatgeschichte mit rasanter Technikentwicklung, dankte ihm Angelika Gapp, Vorsitzende des Heimatvereins.
Die Familie Schnitzer hatte schon Anfang des 19. Jahrhunderts in Wangen eine Buchbinderei, sagte Ottmar Schnitzer. Raphael Schnitzer gründete 1825 das Wochenblatt für den Oberamtsbezirk Wangen. Sohn Friedrich Schnitzer machte aus dem Wochenblatt den Argen Boten. Dessen Sohn Oskar Raphael Schnitzer wiederum – der Urgroßvater von Ottmar Schnitzer –, baute sich eine neue Existenz im Markt Oberdorf auf, wo er 1898 die Druckerei Hans Pischinger übernahm.
Zur Zeit dieser Übernahme erschien der Oberdorfer Landbote im 15. Jahr. 1912 änderte sich der Zeitungsname in „Markt Oberdorfer Landbote“.
Als Oskar Raphael 1919 verstarb, übernahm Oskar Schnitzer die Druckerei zusammen mit seiner Mutter. Ein Redakteur wurde eingestellt. Die letzte Neuanschaffung erfolgte 1930. Es wurde bereits Rollenpapier eingesetzt, das in der Maschine geschnitten und gefalzt wurde. Der Textteil wurde nicht mehr per Hand, sondern per Setzmaschine, einem Typografen, gesetzt. Neu war auch das Abdrucken von Bildern.
Schnitzer erläuterte das aufwendige Verfahren und zeigte auch auf, dass in den Kriegsjahren die Auflage der Oberdorfer Zeitung auf über 4000 Exemplare pro Tag anstieg, wovon 800 an die Front versandt wurden. 1944/45 wurde auch die Buchloer Zeitung in Oberdorf gedruckt.
Der letzte Markt Oberdorfer Landbote erschien am 27. April 1945. Die einmarschierenden Amerikaner beschlagnahmten Haus und Druckerei Schnitzer. Die Familie musste das Gebäude umgehend verlassen. Erst 1949 konnten sie den Betrieb zurückkaufen.
Als erste Druckerei im Allgäu durfte der Allgäuer Heimatverlag in Kempten wieder eine Zeitung herausbringen. Ab April 1946 erschien erstmals „Der Allgäuer“, unter anderem auch mit einer Bezirksausgabe für Marktoberdorf-Kaufbeuren. Vertragspartner des Heimatverlags war die Druckerei Balle in Marktoberdorf. Die Druckerei Schnitzer übernahm 1949 die Anzeigenannahme des Allgäuers und den Satz des Lokalteils. Als 1963 die Satzherstellung des Allgäuers in Marktoberdorf wegfallen sollte, entschloss sich die Familie zur Zusammenarbeit mit der Augsburger Allgemeinen. So erschien ab Juli 1964 das „Allgäuer Tagblatt“, dessen Lokalteil einschließlich der Satzarbeiten samt Anzeigenannahme und Zeitungsvertrieb von Marktoberdorf aus erfolgte.
Seit der Fusion der beiden Zeitungen am 30. September 1968 erscheint nur noch eine örtliche Tageszeitung alsAllgäuer Zeitungmit dem Untertitel „Marktoberdorfer Landbote Obergünzburger Nachrichten“. Mit Bildern belegte Schnitzer den rasanten Wandel der Zeitungslandschaft vom Buch- zum Offsetdruck, vom Blei- zum Fotosatz, von der Setzmaschine zum PC mit Bildschirm, auf dem die Druckvorlagen visuell dargestellt werden konnten. Durch den Aufstieg des Internets entfiel ein Großteil der Anzeigen. Die Daten werden heute zentral in Kempten für alle Ausgaben verarbeitet.
So endete zum Jahreswechsel 2003/2004 die Ära Schnitzer als Herausgeber der Marktoberdorfer Zeitung. Ottmar Schnitzer hatte auch einige gebundene Jahrgänge des Markt Oberdorfer Landboten, darunter den ersten Jahrgang von 1898 dabei, in denen Interessierte noch lange blätterten.