Einen Großeinsatz hat es am Freitagvormittag im Allgäu gegeben. Polizisten und Vertreter weiterer Behörden durchsuchten mehrere Hofstellen eines landwirtschaftlichen Betriebes - zwei im Unterallgäu, einen im Kreis Ravensburg.
Es ist nicht die erste Durchsuchung dieses Betriebs: Bereits 2019 war er als Teil des sogenannten Allgäuer Tierskandals in die Schlagzeilen geraten. Die neuen Vorwürfe sind laut Polizei die gleichen wie vor sechs Jahren: Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Ermittelt wird nun gegen einen Verantwortlichen und mehrere Mitarbeiter.
Allgäuer Tierskandal: Erneut Durchsuchungen auf Hof
Eine hohe zweistellige Anzahl an Polizistinnen und Polizisten ist am Freitag auf dem Hof im Einsatz. Genaue Zahlen darf die Polizei nicht nennen. Hinzu kommen Vertreter der Staatsanwaltschaft Memmingen, der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) und des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Vor allem in den Ställen wird kontrolliert, sagt eine Polizeisprecherin, die in einigem Abstand zu dem Betrieb, auf öffentlichem Grund, Fragen unserer Redaktion beantwortet.
Daneben steht Friedrich Mülln. Er ist Vorsitzender der Organisation Soko Tierschutz, die ihren Sitz in München hat. Sie hatte den landwirtschaftlichen Betrieb nun erneut angezeigt. Wie schon 2019 hatte die Gruppierung Kameras in den Ställen des Hofes installiert. Über mehrere Monate sind so im vergangenen Jahr Videos entstanden.
Zu sehen ist laut Mülln etwa, wie Tiere misshandelt werden. Das bestätigt die Polizei. Es geht unter anderem um ein Verdrehen des Schwanzes eines Rindes, um Versuche, festliegende Tiere „unsachgerecht zum Aufstehen zu bewegen“, und um einen mutmaßlich gesetzeswidrigen Einsatz von Elektrogeräten. Die Aufnahmen sind der KBLV übergeben worden. Die Behörde bestätigt: „Diese Aufnahmen zeigen unter anderem eine Vielzahl teils massiver Verstöße gegen Tierschutzrecht.“
Allgäuer Hof wurde bereits 2019 durchsucht
Schon 2019 war der Hof durchsucht worden. Nun also wieder. Der Prozess gegen die beiden Betriebsleiter, in dem sie sich wegen der Vorwürfe aus dem Tierskandal 2019 verantworten müssen, steht noch aus. Ihnen und zwei Mitarbeitern werden zahlreiche gemeinschaftlich begangene Verstöße gegen das Tierschutzgesetz zur Last gelegt, die sie bis 2019 begangen haben sollen. Aber warum wurden noch vor Beginn dieses Prozesses erneut Kameras installiert?
Friedrich Mülln erklärt es so: „Wenn sich ein Betrieb im Visier der Justiz und von Tierschützern befindet und sich bald vor Gericht verantworten muss, sollte man davon ausgehen, dass er sich besonders gut um seine Tiere kümmert.“ Oft aber habe die Soko Tierschutz die Erfahrung gemacht, dass es nicht so ist. Deshalb und weil es zudem Hinweise auf mutmaßliche Missstände gegeben habe, seien die Kameras erneut installiert worden. „Viele der Aufnahmen könnten eins zu eins aus dem Jahr 2019 sein“, sagt Mülln
Tierschützer Mülln: „Passiert ist gar nichts“
Die Versprechen von der Politik seien nach dem Tierskandal 2019 groß gewesen, dass gesetzlich etwas verändert werde, um Missstände in Ställen zu unterbinden, sagt Mülln. „Passiert ist gar nichts.“ Der KBLV, die in den Ställen solcher Großbetriebe kontrolliert und nach eigenen Angaben auch für den Hof im Unterallgäu zuständig ist, macht Mülln aber keine Vorwürfe. Denn während es eine Kontrolle gebe, würden Tiere nicht schlecht behandelt. Solche Szenen seien erst dann zu sehen, wenn heimlich gefilmt werde.
Was sagt die Behörde dazu? „Die KBLV hat den Betrieb intensiv und engmaschig unangekündigt kontrolliert. Seit Januar 2023 hat die Behörde den Betrieb 24 Mal vor Ort kontrolliert, darunter waren sieben Tierschutzkontrollen. Gravierende Missstände, wie sie auf den Videos zu erkennen sind, wurden bei den Kontrollen nicht festgestellt.“ Anordnungen seien zudem fristgerecht umgesetzt worden, heißt es weiter. Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren laufe derzeit gegen den Betrieb: Im vergangenen Sommer seien neun Kälber nicht ausreichend mit Wasser versorgt gewesen.
Allgäuer Tierskandal: Prozess gegen die beiden Betreiber steht noch aus
Zwei ehemalige Angestellte des Betriebes sind wegen der Vorwürfe aus dem 2019 aufgekommenen Tierskandal bereits zu Geldstrafen verurteilt worden. Der Prozess gegen die beiden Betreiber steht noch aus. Wann er startet, ist derzeit noch nicht klar, sagt ein Sprecher des Memminger Landgerichts. Ebenfalls unklar war am Freitag, ob die erneute Durchsuchung wegen des gleichen Vorwurfs nun in den anstehenden Prozess einfließen oder ob es deshalb eine eigene Verhandlung geben wird.
Ob die Vorwürfe zutreffen, die seit Freitag erneut gegen den Betrieb im Unterallgäu vorliegen, muss das Gericht entscheiden. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.
Bei einem Prozess zum Allgäuer Tierskandal im November beteuerten drei Angeklagte ihre Unschuld.
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