Mit einem besonderen musikalischen Programm trägt auch die Kirchenmusik von St. Martin zum Gedenken an die Zwölf Memminger Artikel bei. Einen „spirituellen Blick ins Herz“ möchte sie mit ihrem großen Festkonzert hörbar machen. Das ist mit den beiden Werken „Ecce Cor Meum“ von Beatles-Legende Paul McCartney und Anton Bruckners „Te Deum“ vollauf gelungen.
Die Zuhörer in der voll besetzten St. Martin Kirche waren begeistert und spendeten dem großen Aufgebot an Sängern, Instrumentalisten und Solisten starken Applaus.
Paul McCartneys „Ecce Cor Meum“: Din selten zu hörendes Werk steht in Memmingen auf dem Programm
Mit Paul McCartneys „Ecce Cor Meum“ stand ein selten zu hörendes Werk auf dem Programm. Obwohl das 2006 fertiggestellte, sehr persönlich gehaltene Werk für Sopransolo, Chor und großes Symphonieorchester bereits sein zweites Oratorium ist, sind seine vier klassischen Alben weniger bekannt.

Wer poppige Spielereien erwartete, wurde enttäuscht. „Ecce Cor Meum“ ist in höchstem Maße seriös und einzigartig. Seine Musik kommt aus fundamentalen Erlebnissen und Gedanken. Ähnlich wie sein Kultsong „Let it be“ soll auch das Oratorium seiner früh verstorbenen Mutter gewidmet sein. Zudem floss ein Lamento ein, das er für seine Ehefrau Linda schrieb, die während der Arbeit an dem Werk verstorben war.
Der Beginn des Oratoriums ist in Memmingen bereits ergreifend
Schon der Beginn des Oratoriums mit der Anrufung des Geistes ist ergreifend. Zuerst bitten die Frauenstimmen, dann die Männer den „Spiritus“ darum, sie zur Liebe zu führen. Aus einem schmerzhaft empfundenen Mangel erhebt sich das Flehen nach Inspiration und Führung. Die Musik entfaltet sich unaufdringlich und zunehmend wuchtig. Wenn dann die Orgel dazukommt, gibt es einen Gänsehautmoment.
Im weiteren Verlauf entwickelt sich McCartneys Text zu beachtlicher Aussagekraft und führt in spirituelle Regionen. Er wird fast bedeutender als die Musik selbst. Der britische Songwriter und Musiker fragt, wie wir wohl ohne Liebe weitermachen könnten.

Seine Bitten sind aktuell und zeitlos: „Möge das Gute, das uns umgibt, helfen, uns allzeit betroffen zu machen.“ Er beschwört die Wahrheit, unser Herz und schließt eine Hymne an die Musik an: „Die Musik wird Dir mein Herz zeigen.“ Seine Kompositionen dazu sind nie sentimental oder verkünstelt. Sie sind getragen und trotz vielschichtiger, disharmonischer Schattierungen leicht und zuversichtlich. Seine Musik hat immer noch den wohltuenden Optimismus und die Unbedingtheit der 60er Jahre.
Kirchenmusikdirektor Hans-Eberhard Roß ist in Memmingen im Einsatz
Kirchenmusikdirektor Hans-Eberhard Roß und die Kammerphilharmonie Bodensee-Schwaben vermitteln sie schnörkellos und gefühlvoll. Der Konzertchor St. Martin singt mit Hingabe und in verständlichem Englisch und Latein. Die sowohl im Barock als auch in der Avantgarde bewanderte Sopranistin Anna Nesyba setzt glanzvolle Akzente.

Auch nach der Pause wird das umfangreiche Ensemble dem zweiten Programmpunkt mit Bruckners „Te Deum“ auf beeindruckende Weise gerecht. Was bei McCartney individualisiertes Bekenntnis war, ist bei Bruckner das kirchenkonforme Lob der Gemeinde. Bei ihm äußert sich das Individuelle in den zwingenden Klangstrukturen seiner Musik.
Weitere Gesangssolisten können in der Memminger Martinskirche glänzen
Zusammen mit drei weiteren glänzenden Gesangssolisten, der Altistin Solgerd Isalv, dem Tenor Michael Gniffke, Bass Shin Yeo und Kurt Renner an der Orgel setzten Chor und Orchester das Gestische bei Bruckner differenziert um. Auch die feinen, rein gesanglichen Passagen des nur halb so langen, 1881 entstandenen Werkes, überzeugten. Die Zuhörer bedankten sich mit minutenlangem Applaus und lauten Bravos.
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