Auf dem Ottobeurer Marktplatz ist an diesem Mittwochmorgen nicht viel los. Über dem Platz hängen grauen Wolken. Das passt zur bedrückten Stimmung in der Gemeinde. Denn wo bis vor Kurzem noch der prächtig geschmückte Maibaum in die Höhe ragte, ist nun lediglich eine kahle Lücke zu sehen.
Er musste gefällt werden, nachdem er angesägt wurde. Wir haben Bürgerinnen und Bürger gefragt, ob ihnen der Maibaum jetzt fehlt.
Empörung in Ottobeuren: Traditioneller Maibaum angesägt
„Der Maibaum ist eine wunderschöne Tradition“, sagt Bettina Szücs. Sie hat gerade ihr Auto abgestellt. „Für mich ist es jedes Jahr ein Spektakel, unter dem Baum zu tanzen.“ Während des Gesprächs redet sich die Ottobeurerin langsam in Rage.
Als eine Passantin an ihr vorübergeht und ihr ein fröhliches „Hallo“ zuwirft, hält sie einen Augenblick inne, holt Luft, um dann den Gruß freundlich zu erwidern. „Wir müssen für jeden Ehrenamtlichen dankbar sein, der sich so viel Zeit nimmt, um anderen ein Strahlen ins Gesicht zu zaubern“, fährt sie fort. „Daher bin ich wirklich stinksauer.“

„Es trifft mich.“
Benjamin Strobl, Über was ihm der Maibaum bedeutet
Benjamin Strobl ist von der Tat doppelt betroffen. Zum einen ist der 19-Jährige gebürtiger Ottobeurer und zum anderen war er früher Teil der Pfadfinder. „Beim Schnitzen und Aufstellen des Baums war ich immer involviert“, so Strobl. „Deshalb ist es sehr schade.“
Als der Student am Samstagmorgen aufwachte, habe er über ein Instagram-Video von der Tat erfahren. „Zunächst konnte ich es nicht glauben“, so der 19-Jährige. „Ich bin dann sofort in unser Wohnzimmer. Von da kann ich den Maibaum normalerweise sehen“, fährt er fort. Doch an diesem Morgen erblickte Strobl nichts außer Leere.

„Ich hörte laute Motorengeräusche.“
Maximilian Veit, Über die Nacht, als der Bau angesägt wurde
Maximilian Veit kam in der Nacht von Freitag auf Samstag erst spät nachhause. „Als ich gegen halb vier daheim war, habe ich laute Motorengeräusche gehört“, sagt der 19-Jährige. „Das kam mir um diese Uhrzeit merkwürdig vor.“
Ob die Geräusche von der Kettensäge der unbefugten Holzfäller stammten, kann der Ottobeurer jedoch nicht sicher sagen. „Ich habe keine tiefe Bindung zum Maibaum“, sagt Veit. „Es gibt jedoch viele Leute, die diesen Brauch schätzen und das tut mir wiederum leid für sie.“
Ottobeurer vermutet Neid als Motiv
Farzad Satari will am Ottobeurer Marktplatz eigentlich den nächsten Bus erwischen. Dennoch nimmt er sich Zeit für ein kurzes Gespräch. „Es macht mich traurig“, sagt der gebürtige Iraner. „In Deutschland ist es nun mal Tradition.“ Satari vermutet, dass die Tat, den Maibaum anzusägen, vom Neid anderer Dörfer rührt.
„Ottobeuren hat immer den schönsten Maibaum. Ich glaube, dass die Bewohner aus den umliegenden Gemeinden damit nicht klarkamen.“ Dann wendet er sich zum Gehen und macht sich auf den Weg zur nächstgelegenen Haltestelle..

Jugendliche stellen sich der Polizei
Mittlerweile ist klar, dass sich Sataris Vermutung nicht bewahrheitet. Was er ebenso wie die anderen Gesprächspartner noch nicht weiß: Am Dienstagabend haben sich vier Jugendliche im Alter zwischen 14 und 15 Jahren bei der Polizeiinspektion Memmingen gestellt. Ihre Tat sei durch einen bayerischen Filmklassiker inspiriert gewesen, bei dem ebenfalls der örtliche Maibaum umgesägt wird, gaben sie als Grund für ihrer Tat an.
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