Am 9. November 1938 brannten in Deutschland viele Synagogen. Auch das jüdische Gotteshaus in Memmingen trafen Hass und Zerstörung: Nach einem Einsatzbefehl der Gestapo Augsburg an die NSDAP-Kreisleitung und die Memminger Polizei wurde es am 10. November 1938 geplündert - das Inventar, darunter die Thorarollen und Gebetsbücher, wurde verbrannt. Einige Tage später wurde die Synagoge gesprengt. An die Verbrechen und Gräueltaten der Reichspogromnacht erinnerte die Gedenkveranstaltung von Deutsch-Israelischer Gesellschaft, Gewerkschaftsbund DGB und Katholischer Arbeitnehmerbewegung, die auch in diesem Jahr an dem Platz stattfand, auf dem die 1909 geweihte Synagoge am Schweizerberg einst stand. Klezmer-Musik von Günter Schwanghart (Klarinette) und Alwin Zwibel am Bass umrahmten die Gedenkstunde.
Oberbürgermeister Jan Rothenbacher spricht über Kriege in der Ukraine und Nahost
"Wir dürfen nicht vergessen, was damals auch in Memmingen geschah", betonte der Memminger Oberbürgermeister Jan Rothenbacher. Dabei lenkte er den Blick auch auf die schrecklichen aktuellen Geschehnisse durch die Kriege in der Ukraine und in Gaza. Rothenbacher forderte: „Wir müssen dran bleiben, die Partnerschaft mit unseren Freunden in Kiryat Shmona und Tschernihiw weiterleben.“
DGB-Kreisvorsitzender Ludwin Debong sprach über Verfolgung während und nach der Reichspogromnacht und zeigte die „mit dieser Nacht der Schande intensivierte Ausgrenzung, Feindschaft und Vernichtung jüdischen Lebens“ auf. Er zitierte Max Mannheimer: „Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht.“
Bei Gedenken in Memmingen: Redner warnt vor rechtsextremem Netzwerk
Seine Ansprache zur Gedenkstunde eröffnete Werner Gloning, der bis 2015 als DGB-Vertreter sein Büro in Memmingen hatte, mit den Worten „Memmingen kann auf diese Veranstaltung stolz sein“. Zugleich stellte er heraus: „Wir haben viele Jahre vor einer latenten Gefahr gewarnt, nun ist diese wieder akut.“ Gloning stellte fest: „Es gibt erneut ein stabiles rechtsextremes Netzwerk – mit einem parlamentarischen Arm, der AfD.“ Und weiter: „Diese AfD wird nicht gewählt, obwohl sie so ist, wie sie ist, sondern gerade, weil sie so ist.“
Appell in Memmingen: "Die AfD ist kein Gesprächspartner"
Das berge hochbrisanten politischen wie gesellschaftlichen Sprengstoff, so Gloning. „Haben wir wieder das Jahr 1928? Ich sehe da durchaus Parallelen.“ Wer heute argumentiere, die AfD habe ja keine parlamentarische Mehrheit, der übersehe eines: "Die hatte die NSDAP der Nazis auch nicht.“ Gloning wurde deutlich: Mit Vertretern der AfD dürfe niemand auch nur das Gespräch suchen. Wer das Holocaust-Denkmal als Denkmal der Schande bezeichne – „und das nicht wegen der Schande des millionenfachen Mordes an Juden und anderen", wer Hass und Hetze verbreite und wer Einwanderung als Völkermord betrachte, "der ist kein Gesprächspartner. Nie", unterstrich Gloning. Nötig ist aus seiner Sicht, dass nun demokratische Parteien, Arbeitgeber und Gewerkschaften mit der Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen. „Ja, wir streiten, auch heftig. Das ist Demokratie auf dem Boden des Grundgesetzes.“