Die national wie international gefragte Pianistin Julia Rinderle, die in Bad Grönenbach aufgewachsen ist und jetzt im westfälischen Hamm lebt, brauchte Vorsitzender Georg Piehl des veranstaltenden Vereins „Musik hier und jetzt“ im Kunerth-Museum natürlich nicht vorzustellen. Mit ihrem Klavierkonzert „Mystik und Magie“, das außer Claude Debussy (1862– 1918) Werke weniger bekannter, meist französischer Komponisten zu Gehör brachte, beglückte sie das Publikum außerordentlich.
Die sechs Programmtitel selbst anschaulich und informativ anmoderierend, schickte die durchweg auswendig spielende Pianistin voraus, sich „ganz viele Gedanken zur Gestaltung“ ihres Programms gemacht zu haben. So habe sie sich auf außergewöhnliche Frauenfiguren festgelegt, die Musikgeschichte geschrieben haben.
Rinderle startete mit der gebürtigen Pariserin Lili Boulanger (1893–1918) und ihren Trois Morceaux (drei Stücken) D’un Vieux Jardin, D’un Jardin Clair und Cortége. Die Stücke entstanden in Rom, wo sie mit nur 18 Jahren sensationeller Weise als erste Frau den Prix de Rome gewann. Die Tonsprache pendelt zwischen traditionell und avantgardistisch.
Mit dem Impressionisten Claude Debussy (1862–1918) in die griechische Mythologie eintauchend, zelebrierte Julia Rinderle dessen Komposition L’Isle Joyeuse (Insel der Freude) in sensationeller Weise. Sie brilliert dabei mit ganzen Serien energie- und kraftvoller Anschläge. Mit großer Bravour meistert sie das Stück, einem der schwierigsten Debussys.
Eine ganz seltene Besonderheit demonstrierte die 35-jährige Pianistin bei dem 2006 erschienenen „Gran Passo“ der Komponistin Charlotte Seither (*1965), die in ihre Werke auch Obertöne einbaut. Um sie zu erzeugen, wird mit einer Hand ganz normal eine Taste angeschlagen, die andere Hand greift in den Innenraum des Flügels und erzeugt Obertöne, indem sie die Saiten entlang streicht. Daraus resultierende Klangfarben zeigen sich ausgeprägt modernistisch.
Mel Bonis (1858–1937) porträtiert in „Femmes de Legende“ legendäre Frauengestalten, von denen die Pianistin vorzügliche Kostproben von Salomé und Phoebé serviert. Hammerschlagartige harte Anschläge beenden den wie Sturmwind tosenden Tonzauber.
Tollkühn rassig rhythmisiert, bringt Rinderle mit „L’Ondine“ eine Was-sernixe und mit „Lolita, Caprice es-pagnole“ eine junge Verführerin von Cécile Chaminade (1857–1944) zu Gehör. Das Lied „Air de Ballet“ op. 30 beschließt dieses Trio.
Zum Schluss gibt es eine kurzweilige Auswahl kurzer „Zirkustänze“ (2012) des 1973 geborenen Jörg Widmann. Mit bayerischen und babylonischen Elementen reicht sie von Boogie Woogie über Walzer zu Kinderreim.
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