Manchmal muss ein Bauprojekt erst reifen, um zu einem guten Ende zu kommen. Oder es ändern sich Gegebenheiten, die sich positiv darauf auswirken. Das ist bei einer Bauvoranfrage der Fall, die jetzt zum zweiten Mal im unabhängigen Memminger Gestaltungsbeirat diskutiert wurde. Dabei geht es um den Lager- und Lastwagenparkplatz der Baufirma Kutter an der Berger Straße/Ecke Bergermühlstraße im Osten der Stadt, auf dem das Unternehmen zwei vierstöckige Boardinghäuser mit etwa 70 Appartements für Mitarbeiter bauen wollte. Bei der ersten Vorlage vor zwei Jahren wurde das Ansinnen zwar begrüßt, Bedenken gab es aber wegen der Größe des Projekts und der spärlichen Außenanlagen. Nun soll sogar noch mehr gebaut werden, ein Teil davon allerdings auf einem Supermarkt – was in größeren Städten bereits praktiziert wird, für Memmingen aber eine Neuheit ist.
Fünf Varianten seit 2022: Die letzte macht das Rennen
Fünf Varianten hat das Planungsbüro ds-architektur Memmingen seit 2022 für das Gelände schon entwickelt, immer in Absprache mit dem Stadtplanungs- und dem Bauamt. Die jüngste vom November stieß jetzt auf große Zustimmung im Gestaltungsbeirat. Eine völlig neue Situation hat sich ergeben, weil der Discounter auf dem Grundstück neben dem Lagerplatz neu gebaut werden soll. Aktuell stehen dort ein Netto- und ein Getränkemarkt in zwei getrennten Gebäuden. Sie sollen abgerissen und durch zwei miteinander verbundene größere Märkte ersetzt werden. Dabei handelt es sich wieder um einen Nettomarkt und den Drogeriemarkt Rossmann. Die neue Planung für das Boardinghouse sieht nun vor, es auf diesen Baukörper zu setzen, der normalerweise ein Flachdach hätte. Auf dem Lagerplatz sollen zusätzlich zwei mehrgeschossige Häuser mit insgesamt über 50 Wohnungen errichtet werden.
Die Wohnungen auf dem Supermarkt bringen mehrere Vorteile
Warum die Firma Kutter ein Boardinghouse an dieser Stelle für notwendig hält? Bezahlbarer Wohnraum in Memmingen ist knapp. Deshalb will das Bauunternehmen möblierte Appartements bauen, um Mitarbeiter selbst unterbringen zu können. Geplant sind aktuell 20 Wohnungen in einem L-förmigen, zweigeschossigen Riegel, der an der Nord- und der Ostkante des Supermarktgebäudes entlangläuft. Damit würde aus den „flachen, hässlichen Teilen“ ein „gutes, interessantes Objekt“, befand der Gestaltungsbeirat. Zudem erhalte das Gelände damit Richtung Augsburger Straße einen markanteren Abschluss. Angeregt wurde, auf der übrigen Dachfläche eine gewisse Außenraumqualität für die künftigen Bewohner zu schaffen - auch wenn das technisch herausfordernd sei. Die Parkplätze vor den Märkten sollen anders angeordnet und mit mehr Grün gestaltet werden. Die Anlieferung für den Drogeriemarkt wird einmal über die Bergermühlstraße erfolgen, für Netto von der Augsburger Straße aus.
Zwei Mehrfamilienhäuser mit einem schönen Außenbereich entstehen
Eine positive Entwicklung attestiert der Gestaltungsbeirat auch dem neuen Konzept für die Bebauung des Lager- und Lastwagenparkplatzes. Darauf sind jetzt zwei getrennte Mehrfamilienhäuser vorgesehen, eines mit 24, das andere mit 30 Wohnungen. Die Gebäude stehen entlang der Berger Straße, bis auf einen kleinen Teil, der um die Ecke in die Bergermühlstraße ragt. Dort liegt auch die Einfahrt in die Tiefgarage, die der Gestaltungsbeirat allerdings als zu massiv kritisierte. Positiv findet er dagegen, dass die Tiefgarage nur einen Teil der Gebäude und des Grundstücks unterkellert, was gut für die Versickerung von Regenwasser sei. Überhaupt gewinne die Bebauung mit nun wesentlich großzügigeren Außenräumen deutlich an Qualität. Dazu trage auch die Reduzierung von im ersten Entwurf vier auf jetzt drei Geschosse mit Mansardendach bei. Das korrespondiere zudem bestens mit dem Bauprojekt der Siebendächer Baugenossenschaft, die in der Bergermühlstraße mehrere Häuser in gleicher Höhe mit etwa 70 Wohnungen bauen will.
Das Bebauungsplanverfahren kann jetzt losgehen
Die städtebauliche Qualität dieser neuen Variante für das ehemalige Buzil-Gelände sei jetzt so gut, dass ein Bebauungsplanverfahren möglich ist, gab der Gestaltungsbeirat dem Bauherrn und dem Planer mit auf den Weg. „Es ergibt sich ein insgesamt gutes, zusammenhängendes Bild“, sagte Vorsitzender Werner Binotto. Trotzdem soll das Bauprojekt den Experten noch einmal vorgelegt werden, wenn die Fassadengestaltung ausgearbeitet ist.
Welches Ärgernis bald der Vergangenheit angehört
Mit der neuen Nutzung der Gewerbefläche der Firma Kutter als Wohnquartier wird gleichzeitig ein Ärgernis für die Anwohner beseitigt. Jahrelang hatte es massive Proteste gegen den Lagerplatz gegeben, geklagt wurde vor allem über nächtliche Ruhestörungen und die Schadstoffbelastung durch die ein- und ausfahrenden Lastwagen und Baufahrzeuge.
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