Mit über 1000 Teilnehmenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hat das Notfall-Symposium am Wochenende eine neue Rekordmarke erreicht. Das Klinikum Memmingen als Veranstalter und Tagungsleiter Dr. Rupert Grashey hatten ein Programm auf die Beine gestellt, das alle aktuellen Themen der Notfallmedizin umfasste. Bei 38 Vorträgen sowie 15 Seminaren und Workshops konnten Ärzteschaft, Rettungsdienstpersonal und Pflegekräfte den Status quo beleuchten und einen Blick auf Reformvorhaben werfen. Zugleich wurde Kritik am deutschen Gesundheitswesen laut.
Seine Anerkennung zollte Memmingens Oberbürgermeister Jan Rothenbacher in einem Grußwort allen, die sich im Bereich der Notfallversorgung mit Einsatzfreude und Idealismus weit über die Grenzen ihrer Pflicht hinaus engagieren würden. Klaus Holetschek, ehemaliger Gesundheitsminister und heutiger CSU-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag, schrieb dem Klinikum Memmingen eine Schlüsselrolle in der Region zu, wenn es um die Versorgung der Menschen in akuten Notfällen geht.
Daran krankt das deutsche Gesundheitswesen
Neben Experten aus Tübingen und Ravensburg begeisterte der Memminger Kinderarzt Dr. Ralf Pallacks seine Zuhörer mit einem Vortrag zu Bauchschmerzen bei Säuglingen und Kleinkindern. Im nächsten Themenblock stellte Simone Böbel von der Universität Maastricht unter Hinweis auf einschlägige Studien einen erkennbaren Reformbedarf in der Notfallmedizin heraus. Die Vielzahl von Trägern des Rettungsdienstes, Ländergesetze mit unterschiedlichen Regelungen und teils fehlende Qualitätssicherung führten nach ihren Worten dazu, dass Deutschland zwar Spitzenausgaben im Gesundheitswesen habe, jedoch im internationalen Vergleich nicht mithalten könne.
Einen Einblick in die Arbeit des „Advanced Paramedic Teams“ bot Ian McIntyre aus London. Im englischsprachigen Raum haben die Paramedics mehr Kompetenzen und Befugnisse als Notfallsanitäter in Deutschland und sind ein wichtiger Teil der Notfallrettung.
Wann kommt der fliegende Krankenwagen?
Neue Wege in der Bereitstellung luftgestützter Einsatzmittel möchte man nun in der Gesundheitsregion Memmingen-Unterallgäu beschreiten. Mit dem Pilotprojekt „eResCopter“ sollen nach erfolgreicher Erprobung in einigen Jahren elektrisch angetriebene Drohnen die Patientenverlegungen zwischen Krankenhäusern durchführen. Der Vorstandsvorsitzende der DRF-Stiftung Luftrettung, Dr. Krystian Pracz, bezeichnete den „fliegenden Krankenwagen“ als sinnvolles und kostengünstiges Einsatzmittel zwischen Rettungswagen und Rettungshubschrauber. Bereits im nächsten Jahr soll das Fluggerät mit fachlicher Begleitung durch das Münchner Klinikum rechts der Isar an den Start gehen.
Experte: „Wo ist Deutschland falsch abgebogen?“
Viel Applaus erhielt der Geschäftsführer der Björn-Steiger-Stiftung, Christof Chwojka, bei seiner Bestandsaufnahme der deutschen Notfallrettung. „Wo ist Deutschland falsch abgebogen?“, lautete seine provokante Frage mit Blick auf rückständige Digitalisierung und zersplitterte Zuständigkeiten. Er forderte für die Leitstellen eine standardisierte und ganzheitliche Steuerung des Einsatzgeschehens.
Mit dem Feedback der Teilnehmer können Dr. Grashey und Professor Dr. Lars Fischer vom Memminger Klinikum mehr als zufrieden sein. Rettungssanitäterin Diana Erben war vom Workshop „Taktische Einsatzmedizin“ begeistert. Und der Ottobeurer Notarzt Dr. Ulf Bitzer sah die Veranstaltung als wichtigen und erkenntnisreichen Baustein seiner jährlichen Fortbildung.
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