Als Abt Johannes Schaber in der Basilika Ottobeuren am frühen Ostersonntag von der Hoffnung spricht, die der Glaube auch in dieser düsteren Zeit gibt, fallen die ersten Sonnenstrahlen des Tages ins Innere der Kirche. Fast, als hätte er dieses Zeichen des Himmels bestellt.
Als die Ostermesse zuvor, um 5.30 Uhr, beginnt, kommt das einzige Licht noch von der Osterkerze, die Abt Johannes durchs Portal in die stockfinstere Basilika trägt – entzündet mit einer Flamme des Osterfeuers, das im eisigen Wind vor der Kirche Funken sprüht. Aus diesem einen Licht wächst Sekunde um Sekunde ein Meer aus hunderten Kerzenflammen. Dafür haben die 450 Besucher Kerzen mitgebracht, die nun von den Ministranten entzündet werden.
Während der feierliche Schein stärker wird, sterben in der Ukraine Menschen – im Krieg, den Russlands Präsident Wladimir Putin über das Land gebracht hat. Unsagbares Leid auf allen Seiten. Fassungslosigkeit, Ohnmacht, Wut, Sprachlosigkeit, Lethargie, Flucht. Selten seit dem Zweiten Weltkrieg hätten wir in Europa den Krieg so erlebt wie derzeit. „Unsägliches Leid, das sich auf die Menschheitsgeschichte gesehen immer wieder wiederholt“, sagt Abt Johannes in seiner Predigt. Er zieht einen Vergleich, passend zu Ostern, dem Fest der Auferstehung: Der Stein vor dem Eingang zum Grab Jesu stehe für alles im Leben, was Menschen leiden lasse – nicht nur in Kriegszeiten. Der Stein ist groß und schwer, lässt sich kaum bewegen. Und schwer laste auch der Tod auf den Menschen und die Art und Weise, wie Menschen sterben müssen.
Die Frauen, die auf dem Weg zum Grab sind, um den Leichnam Jesu zu salben, überlegen, wie sie den schweren Stein vom Eingang fortschieben sollen. Doch als sie ankommen, ist er bereits zur Seite gewälzt. Für Abt Johannes bedeutet das: Das Leid hat nicht das letzte Wort.

Im Grab erschrecken die Frauen: Es ist leer. Jesus ist auferstanden von den Toten. Er schenkt Hoffnung, er verheißt Zukunft. Doch die Auferstehungshoffnung sei kein Wegschauen von den Problemen, dem Leid und der Verzweiflung auf dieser Welt. Nicht das Happy-End am Ende eines Spielfilms, sagt Abt Johannes. „Schauen wir heute einmal auf den Stein und schweigen. Lesen wir Zeitung und lassen die täglichen Schrecken einmal bewusst an uns heran. Zappen wir nicht weiter, wenn die Schreckensbilder im Fernsehen kommen.“ Die Auferstehungshoffnung solle die Geschehnisse nicht überblenden, sondern Licht in die Realität bringen. Und den Menschen so zeigen, dass sie ihren Lebensstil, den Umgang miteinander und die Art, Konflikte zu lösen, ändern müssen.
Er sehe in dieser Osternacht also bewusst den schweren Stein, „aber ich weiß auch, dass er sich wegrollen lässt.“ Ein Fünkchen Hoffnung, „das das Leben sinnvoll macht.“