Anfang März entdeckten Mitglieder des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz (LBV) bei Unterrieden einen Gänsegeier, der majestätisch seine Kreise zog. Die Freude war groß – seit acht Jahren war es die erste Sichtung dieser Art im Landkreis. Zwei Wochen später wurde derselbe Vogel tot aufgefunden. Der LBV informierte umgehend die Polizei, eine pathologische Untersuchung folgte. Nun steht das Ergebnis fest: Der Geier starb an einer Bleivergiftung.
Beim Fressen von Aas hatte der Vogel Bleipartikel aus Jagdmunition aufgenommen. „Blei in Jagdmunition stellt eine ernsthafte Gefahr für alle Aasfresser dar – nicht nur für seltene Gäste wie den Gänsegeier, sondern auch für heimische Arten wie den Bartgeier“, erklärt Dr. Andreas von Lindeiner, Landesfachbeauftragter für Naturschutz beim LBV. Erst am Dienstag haben der LBV und der Nationalpark Berchtesgaden unter großem Aufwand wieder zwei Bartgeier ausgewildert, die Art galt in Bayern ein ganzes Jahrhundert lang als ausgestorben. „Es darf nicht sein, dass wir mühsam erarbeitete Artenschutz-Erfolge durch den Einsatz giftiger Munition aufs Spiel setzen. Deshalb fordern wir, dass auch in Bayern endlich flächendeckend auf bleifreie Munition umgestellt wird.“

Der Gänsegeier aus dem Unterallgäu starb an Organschäden
Gänsegeier sind in Bayern nicht heimisch, kommen aber als Gäste aus beispielsweise Frankreich immer häufiger im gesamten Alpenraum vor. Die Freude bei den LBV-Aktiven im Landkreis Unterallgäu war groß, als am 2. März erstmals seit acht Jahren einer der großen, beeindruckenden Vögel gesichtet wurde. In den folgenden Tagen verfolgten Vogelbegeisterte mit Spannung, wie sich der imposante Vogel mit seinen 2,5 Metern Flügelspannweite in der Region bewegte – bis er plötzlich nicht mehr auftauchte. Am 16. März wurde der Gänsegeier schließlich tot aufgefunden. Sofort wurde die Polizei informiert, die den Fundort dokumentierte. Nach einer aufwändigen pathologischen Untersuchung steht nun fest: „Der Gänsegeier starb an Organschäden an Niere, Leber und Lunge – ausgelöst durch eine Bleivergiftung. Die Analyse legt nahe, dass der Vogel beim Fressen von mit Bleimunition belastetem Aas das Schwermetall aufnahm“, so von Lindeiner. Der aktuelle Fall erinnert an ein Ereignis aus dem Jahr 2022: Damals wurde im Landkreis Starnberg ein toter Gänsegeier entdeckt, bei dem eine Schussverletzung festgestellt werden konnte. Auch er starb nicht direkt durch das Projektil, sondern an den Folgen einer schweren Bleivergiftung. „Dass innerhalb weniger Jahre zwei geschützte Gänsegeier durch Blei zu Tode kommen, ist ein Alarmsignal“, betont Andreas von Lindeiner. „Wir fordern deshalb, dass auch Kommunen und private Jäger endlich flächendeckend auf bleihaltige Munition verzichten“. In vielen anderen Bundesländern ist die Jagd mit bleihaltiger Munition bereits auf allen Flächen verboten. In Bayern darf lediglich im Staatswald nicht mehr mit bleihaltiger Büchsenmunition geschossen werden. Die Auswirkungen von bleihaltiger Munition vor allem auf große und oftmals seltene Greifvogelarten, wie Stein- und Seeadler, Rotmilan und Mäusebussard, seien schon lange bekannt. Die Tiere nehmen das Gift über Kugelgeschossfragmente in bei der Jagd im Wald zurückgelassenem Aufbruch auf. Bereits geringe Mengen sind fatal und führen zu schwersten Vergiftungen. „Da Kadaver eine wichtige Nahrungsquelle für viele Wildtierarten ist, ist es notwendig, dass Aufbruch im Wald nach der Jagd zurückgelassen wird – aber eben bleifrei“, so Andras von Lindeiner.
Das Blei reichert sich im Körper an und führt zu Vergiftungen
Das hochtoxische Schwermetall werde im Körper angereichert und verursache unter anderem Nervenschädigungen, die Beeinträchtigung der Blutbildung, die Blockierung von Enzymen und der Sauerstoffzufuhr sowie den Abbau der Brustmuskulatur. Außerdem könne eine Störung des zentralen Nervensystems zur Erblindung sowie zur Lähmung des Magen-Darm-Traktes und des Atemzentrums führen. „Die Vögel verhungern, ziehen sich durch Kollisionen mit Hindernissen schwere Verletzungen zu oder verenden qualvoll an Atemnot und Nährstoffmangel“, berichtet der Artenschützer. (mz, home)
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