Ferrari ist stolz auf seine Vergangenheit. Auf die Geschichte, die diesen Autobauer so einzigartig macht. Leidenschaft braucht es, um für die Italiener zu arbeiten. Begeisterung für Tempo und Technik. Ferrari ist nicht nur ein Hersteller, Ferrari ist Emotion. Umso härter trifft es Tifosi wie Angestellte, dass in der Formel 1 der letzte Weltmeistertitel schon lange zurückliegt. 2007 triumphierte Kimi Räikkönen letztmals im roten Renner.
Wer sich als Sportwagenschmiede definiert, muss sich mit den Besten messen. Und in der weltweit populärsten Rennserie nicht nur mitfahren, sondern um Titel kämpfen. Ferrari gelingt das schon seit Jahren nicht mehr, der Verdruss ist groß. Die Sehnsucht nach dem WM-Pokal ist ähnlich ausgeprägt wie der Wunsch nach weltweit stabilen Politiksystemen. In der Umsetzung aber hapert es hier wie dort.
Ferraris Hoffnung auf ein erfolgreiches Motorsportjahr 2025 war groß. Weil zum einen Charles Leclerc ein bemerkenswert talentierter Fahrer ist. Und weil ihm zum anderen mit Lewis Hamilton seit dieser Saison der Rekordweltmeister zur Seite steht. Diese Fahrerpaarung bietet nicht nur viel Klasse, sondern sollte auch Erfolge versprechen. Bislang wurde nichts daraus.
Di Montezemolo wurde schnell zum Teamchef befördert
Vor einer Woche in Bahrain hat nun Luca di Montezemolo im Gespräch mit Sky Italia seine Finger tief in die Ferrari-Wunde gelegt. Der ehemalige Präsident der Edelmarke weiß, wie sich Erfolge anfühlen. In den 1970er-Jahren war er von Enzo Ferrari recht zügig vom persönlichen Assistenten zum Teamchef befördert worden, was zu einer Wende bei der Scuderia führte. Das Chaos war vorbei, WM-Titel folgten. In der Glanzzeit mit den fünf Triumphen von Michael Schumacher Anfang der 2000er-Jahre war di Montezemolo Ferrari-Präsident.

Wenn also einer die DNA der Marke kennt und weiß, was es für Erfolge braucht, dann wohl der 77-Jährige. Umso schmerzhafter dürfte es für die aktuell handelnden Personen sein, wenn di Montezemolo sagt: „Ich sehe ein Team ohne Seele. Ferrari bedeutet Leidenschaft, bedeutet Tag und Nacht arbeiten, niemals aufgeben.“
An der Arbeitsmoral dürfte es auch aktuell nicht liegen. Womöglich aber an der Teamspitze, deren Wirken di Montezemolo kritisch beäugt. „Ferrari ist aktuell ein Team, dem es manchmal an Führung fehlt“, sagte der 77-Jährige. Wen er genau damit meinte, ließ er offen. Ob eben Teamchef Frederic Vasseur oder eher das Ferrari-Management in seiner Gesamtheit. Der ehemalige Präsident jedenfalls findet es wünschenswert, sollte an der Spitze mehr Struktur und Klarheit einziehen. „Ich hoffe, dass wir bald nicht nur Podestplätze sehen, sondern wieder ein Auto, das um Siege kämpft. Dafür braucht es Organisation und Zeit“, sagte er.
Und freilich Geduld. Die aber kann sich in der Königsklasse des Motorsports kaum einer leisten. Im Hochgeschwindigkeitszirkus geht es immer rasant zu. Wer nicht schnell genug ist, hat ein Problem. Vor allem, wenn er für Ferrari arbeitet. Zum Ende der vergangenen Saison hatte das Team Hoffnungen geweckt. Das Auto war konkurrenzfähig. In der Planung für die neue Saison aber scheint das Team vom Weg abgekommen zu sein. Die Folge sind enttäuschende Platzierungen.
Für Hamilton ist Ferrari die letzte Chance auf einen weiteren Titel
Charles Leclerc belegt in der WM-Wertung mit 32 Punkten Rang fünf, Lewis Hamilton folgt mit 25 Zählern auf Platz sieben. Aufs Podium hat es noch keiner der beiden Fahrer in diesem Jahr geschafft. „Hamilton ist ein großartiger Fahrer und Teil der Formel-1-Geschichte. Er weiß, dass das seine letzte Chance ist. Er kam zu Ferrari, um zu gewinnen und seine Karriere dort zu beenden“, sagte Luca di Montezemolo.
Noch aber kämpft Hamilton mit der Anpassung an das neue Team. „Das Auto verlangt einfach einen völlig anderen Fahrstil. Ich passe mich gerade daran an, und langsam verinnerliche ich es, bekomme auch die Balance besser hin,“ sagte der Brite zuletzt in Bahrain. Vor seinem Wechsel zu Ferrari war Hamilton zwölf Jahre für Mercedes gefahren. Mit dem Abschied zur Scuderia erfüllte er sich seinen großen Traum. Einmal in Rot fahren, und vielleicht Weltmeister werden – das treibt ihn auf den letzten Karriere-Kilometern an.
Leicht aber fällt ihm die Umstellung nicht. Am Sonntag (19 Uhr) steht das Rennen in Saudi-Arabien an. Die Premiere in Dschidda hatte Hamilton 2021 gewonnen. Seitdem aber hat Red Bull dominiert. Diesmal deutet vieles auf dem Hochgeschwindigkeitskurs auf die derzeit überlegenen McLaren-Piloten Lando Norris und Oscar Piastri hin. Und Ferrari? Immerhin dreimal schaffte es ein roter Renner in den vergangenen Jahren in Saudi-Arabien unter die besten Drei. Damit wäre die Scuderia wohl auch am Sonntag erstmal zufrieden.
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