Lettland hat es bereits eingeführt, Dänemark plant es ebenso und ein Handyverbot an Schulen soll nun auch in Österreich kommen. Zumindest sieht das eine vage gehaltene Überschrift im Arbeitsprogramm der neuen Dreierkoalition aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen in Wien vor: „Es werden klare Regelungen zur altersgerechten Umsetzung eines Handyverbots in der Schule, abseits der gezielten Nutzung von Handys in der Unterrichtszeit, vorgegeben. Diese wird im Sinne eines verantwortungsbewussten Umgangs mit begleitenden pädagogischen Maßnahmen unterstützt“, heißt es im entsprechenden Kapitel des Regierungsprogramms.
Dafür verantwortlich zeichnet Österreichs neuer Bildungsminister Christoph Wiederkehr. Der Liberale war bisher Bildungsstadtrat in Wien und setzte dort als erster ein Handyverbot für alle Wiener Volks- und Mittelschulen um. Es gilt seit Ende Februar und trifft Schülerinnen und Schüler bis etwa zum 15. Lebensjahr. Geregelt wird das Verbot über die Hausordnungen der Schulen: Diese müssen nun die Handynutzung während der Unterrichtszeit untersagen und die Geräte auch entsprechend verwahren – etwa in sogenannten „Handygaragen“, verschließbaren Boxen oder Taschen. Wenn es im Unterricht erforderlich ist, können aber Lehrpersonen die Handys wieder ausgeben. Halten sich Schüler nicht an das Verbot, gibt es Sanktionen wie einen Eintrag ins Klassenbuch oder eine Vorladung der Eltern.
In Wien herrscht schon jetzt Handyverbot an Schulen
Am Montag präsentierte Wiederkehr sein Vorhaben nun der Öffentlichkeit. Er werde bis zur 8. Schulstufe, also analog zur Wiener Regelung, Österreichs Schulen zur „handyfreien Zone“ machen, so der Neos-Politiker. Noch im März will der Bildungsminister seinen bundesweiten Verordnungsentwurf vorlegen.
Der Schritt wird in Österreich kontrovers diskutiert, und nicht nur Schülervertreter sehen das Verbot skeptisch. „Schon bislang war es schulautonom möglich, selbst zu entscheiden, wie mit Handys im Unterricht umzugehen ist – und zwar unter Einbeziehung der Eltern und der Schülervertretung im Rahmen der Mitbestimmung in den Schulen“, sagt etwa Ilkim Erdost, Leiterin für Bildung bei der Arbeiterkammer Wien, unserer Redaktion. Mit einem Verbot würde die Mitbestimmung der Schüler ausgehebelt, befürchtet Erdost. Die Bildungsexpertin begrüßt zwar den Schritt, sich mit den vielfältigen Problemen, die digitale Mediennutzung für Jugendliche bringt, auseinanderzusetzen – schließlich seien nicht nur Lehrkräfte, sondern auch die Eltern mit der intensiven Handynutzung der Kinder überfordert. „Ein Verbot alleine aber lässt die Ernsthaftigkeit etwas vermissen.“
Die Expertin will deshalb abwarten, wie die „begleitenden pädagogischen Maßnahmen“ tatsächlich aussehen: „Wie soll Medienbildung im Klassenzimmer als begleitende Maßnahme konkret ablaufen? Wird sie im Regelunterricht fix eingeführt? Nur im Tandem damit ist das Verbot sinnvoll. Wenn das aber nur dazu dienen soll, rasch die vermeintlich einfache Antwort auf dieses komplexe Phänomen digitale Mediennutzung und die damit einhergehenden Probleme zu liefern, dann würde das zu kurz greifen.“ Ein Verbot, das nur auf die Verbannung von Geräten während der Unterrichtszeit hinausläuft, wäre sogar kontraproduktiv, sagt Erdost.
Lehrkräfte und Experten sehen Handyverbot differenziert
Dass bereits jetzt in rund 80 Prozent der Schulen ein Verbot oder Einschränkungen von Handys in der Unterrichtszeit gelten, weiß man zwar auch im Bildungsministerium. Das Verbot brauche es aber trotzdem, betonte Wiederkehr in seiner Pressekonferenz am Montag. Das geplante Verbot sei eine „riesen Stärkung“, unterstrich Karin Spahn als Vertreterin der Schulleitungen. Vor allem aus Mittelschulen würden nämlich immer wieder Probleme wegen Handys gemeldet.
Ein kurzer Rundruf unter Lehrenden in Wien ergibt ein differenziertes Bild: Ja, vor der Einführung der schulinternen „Handygaragen“ sei es immer wieder zu Vorfällen gekommen, sagt etwa eine Lehrerin aus einer Mittelschule im 22. Wiener Gemeindebezirk. Kinder hätten etwa im Unterricht und in Pausen Lehrer oder Kommilitonen gefilmt und dann auf TikTok gestellt, sagt sie. Manchmal seien in der Pause auch teure Geräte zu Bruch gegangen. Haftungsfragen in solchen Fällen würden durch das Abgeben und die sichere Verwahrung der Geräte zu Unterrichtsbeginn ebenfalls geklärt. Und: Die Kinder und Jugendlichen würden das Verbot sehr wohl akzeptieren. „Schließlich gilt es für alle.“
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