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Wolf Wondratschek wird 80: Leise Töne des einstigen "Rock-Poeten"

Literatur

Wolf Wondratschek wird 80: Leise Töne des einstigen "Rock-Poeten"

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    Wolf Wondratschek wird heute am Montag 80 Jahre alt.
    Wolf Wondratschek wird heute am Montag 80 Jahre alt. Foto: Horst Galuschka

    Wolf Wondratschek wurde als rebellischer "Rock-Poet" berühmt. Zu seinem 80. Geburtstag, den der Dichter und Schriftsteller am Montag begeht, hat er sich und seine Leser mit leisen und nachdenklichen Tönen beschenkt: Mit "Einige Gedichte" legte Wondratschek vor kurzem seinen ersten neuen Lyrik-Band seit Jahren vor. Der bescheidene Titel steht im Kontrast zu den knalligen Namen seiner erfolgreichsten Bücher - etwa des Kurzprosa-Werks "Früher begann der Tag mit einer Schusswunde" (1969) oder des epischen Poems "Carmen oder Bin ich das Arschloch der achtziger Jahre" (1986).

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    Heute, mit 80, erwarte er nicht mehr die Vermehrung seiner Leser, sagt Wondratschek in einem Radio-Porträt, das der WDR am Samstag sendete. "Es genügt ein Enthusiast, um die Arbeit eines Schriftstellers oder Künstlers, eines Malers zu rechtfertigen. Es genügt einer", sagte er. Das ist auch wörtlich gemeint, denn von seinem 2014 entstandenen Roman "Selbstbild mit Ratte" existiert nur ein Exemplar, das von einem wohlhabenden Investor gekauft wurde.

    Großartig, absurde Szenarien: Wolf Wondratschek über Müdigkeit, Eiswürfel oder eine Stubenfliege

    In "Einige Gedichte" fokussiert Wondratschek sich auf kurze Momente, um Müdigkeit, Eiswürfel oder eine Stubenfliege sprachlich einzufangen. Er denkt sich kleine, großartig absurde Szenarien aus, wie etwa zur Katze, die Gott nach der Schöpfung verließ ("Na ja, einen Fußtritt hätte er ihr doch / noch gerne verpasst, weil sie zu viel wusste / von allem, was ihm misslungen war.") Und er nimmt sich fast ein Dutzend Seiten Platz, um den Tod seines ältesten Bruders zu betrauern.

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    An den Stellen, an denen von Zigaretten und Frauen die Rede ist, blitzt der alte Macho-Poet Wondratschek hervor, der als Figur in Helmut Dietls Kultfilm "Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief" (1997) verewigt wurde. Wondratschek, der 1943 in Rudolstadt in Thüringen geboren wurde und in Karlsruhe aufwuchs, hat das Image des Szene-Literaten aber schon seit Jahren abgelegt, als er in den 90er Jahren nach Wien zog, um Prosa zu schreiben. Zuletzt erschien 2018 sein Roman "Selbstbild mit russischem Klavier".

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