Rund ein Jahr nach der tödlichen Gleisattacke am Frankfurter Hauptbahnhof beginnt an diesem Mittwoch der Prozess gegen den Tatverdächtigen. Der Mann soll einen Jungen und seine Mutter Ende Juli vergangenen Jahres vor einen einfahrenden ICE gestoßen haben. Der Achtjährige kam ums Leben, die Mutter konnte sich in letzter Minute retten. Die Tat sorgte bundesweit für Entsetzen. (Az.: 5/22 Ks 16/19)
Der aus Eritrea stammende Tatverdächtige ist nach einem vorläufigen psychiatrischen Gutachten schuldunfähig. Die Staatsanwaltschaft hat ihn deshalb nicht angeklagt, sondern beantragt in einem sogenannten Sicherungsverfahren seine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie.
Die Familie des Jungen aus dem Hochtaunuskreis wird in dem Verfahren als Nebenkläger auftreten. Bei der Tat wurde auch eine 78-Jährige verletzt, die der Mann ebenfalls gestoßen haben soll. Sie stürzte auf den Bahnsteig. Er floh, doch Passanten verfolgten ihn und er konnte außerhalb des Bahnhofs festgenommen werden. Später wurde der Mann in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Es handelt sich um einen dreifachen Familienvater, er lebte zuvor in der Schweiz.
Der Tat folgte eine Debatte über die Sicherheit an Bahnsteigen - auch, weil nur wenige Tage zuvor eine Frau in Nordrhein-Westfalen vor einen Zug gestoßen und tödlich verletzt worden war. Bundesregierung, Bahn und Bundespolizei richteten eine gemeinsame Arbeitsgruppe ein, um für mehr Sicherheit zu sorgen.
Tödlicher Angriff in Bahnhof: "Das kann jederzeit wieder passieren, an jedem Ort"
Erörtert werden sollten Maßnahmen wie Zugangsbeschränkungen zu den Bahnsteigen, Gitter vor den Bahngleisen oder Markierungen an Bahnsteigkanten. Wegen der Corona-Pandemie mussten Prüfungen der Maßnahmen vor Ort aber zunächst verschoben werden, teils dauern sie nach Angaben der Bahn noch an.
In Frankfurt würden derzeit als Konsequenz aus der Attacke neue Video-Kameras installiert, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Die Kameras zeigten Bilder nun in größerer Auflösung. Bis Ende Oktober soll die Umstellung abgeschlossen sein. Die Bundespolizisten achteten zudem bei ihren Kontrollgängen noch mehr auf Auffälligkeiten. Seit der Tat hätten sie immer auch einen genauen Blick auf die Bahnsteige.
Der Anwalt der Nebenkläger, Ulrich Warncke, forderte, die Umsetzung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen müsse beschleunigt werden. "Das kann jederzeit wieder passieren, an jedem Ort."