Begeisterte Zustimmung, aber auch heftige Ablehnung: Die Corona-Protest-Aktion #allesdichtmachen von rund 50 prominenten deutschen Schauspielern hat am Freitag starke Reaktionen hervorgerufen.
Fernseh- und Film-Schauspieler, darunter Jan Josef Liefers, Ulrike Folkerts, Richy Müller oder Heike Makatsch hatten in kurzen Internet-Videos die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung mit beißender Ironie und Zynismus kritisiert. Beifall gab es vor allem zunächst in den sozialen Medien. Presse und etliche Schauspielkollegen reagierten mit Verwunderung und Kritik.
Prominente wie Satiriker Jan Böhmermann oder die Schauspieler Elyas M'Barek, Christian Ulmen und Nora Tschirner warfen den Initiatoren von #allesdichtmachen gefährliche Nähe zur Querdenker-Bewegung vor. Sie verwiesen größtenteils auf Zahlen und Bilder aus den Intensivstationen deutscher Krankenhäuser, die in der dritten Welle der Pandemie wieder an ihre Grenzen gelangen würden.
Die wichtigsten Reaktionen zu #allesdichtmachen
- Schauspieler Elyas M'Barek in einer Instagram-Reaktion auf seinen Schauspiel-Kollegen Volker Bruch:

- Satiriker Jan Böhmermann auf Twitter:
- Schauspieler Christian Ulmen auf Instagram:

- Schauspielerin Nora Tschirner auf Instagram (Retweet):
- Autor und Moderator Tobias Schlegl auf Twitter:
Es gab allerdings auch viel Zustimmung zu der Aktion - auch aus möglicherweise ungewünschter Richtung. Unter anderem begrüßten der umstrittene Ex-Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen und AfD-Politiker den Schauspieler-Protest gegen die Corona-Maßnahmen:
- Hans-Georg Maaßen auf Twitter:
- AfD-Politiker Joana Cotar auf Twitter:
Nach dem Lob aus jener Ecke rudern einige der #allesdichtmachen-Protestler am Freitag bereits wieder zurück. Tatort-Schauspieler Jan-Josef Liefers distanziert sich von der Querdenker-Bewegung und der AfD, Heike Makatsch veröffentlichte eine Stellungnahme und hat ihr Protest-Video auf Youtube inzwischen sogar gelöscht.
- Statement Heike Makatsch auf Instagram:
- Jan-Josef Liefers postete ebenfalls eine "Klarstellung" auf Instagram und Twitter, in der es heißt:
"Eine da hinein orakelte, aufkeimende Nähe zu Querdenkern u.ä. weise ich glasklar zurück ... Es gibt im aktuellen Spektrum des Bundestages auch keine Partei, der ich ferner stehe, als der AfD. Weil wir gerade dabei sind, das gilt auch für Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Corona-Ignoranten und Aluhüte. Punkt."
- Schauspiel-Kollegin Nora Tschirner antwortet darauf wie folgt auf Instagram:
"Lieber Jan-Josef, Du weißt, ich schätze dich sehr... Und unterschreibe viel von den Inhalten, um die es euch wahrscheinlich (hoffentlich) geht. Nur: müsste es dann bei einer solchen Aktion nicht erst recht vollkommen klar sein, mehr Achtsamkeit, Konkretheit und Besonnenheit walten zu lassen? Anstatt diffus mit dem brandgefährlichen Stilmittel von Zynismus und Sarkasmus zu jonglieren - den ständig sonnenbebrillten Begleitern von Spaltung. ... Als Schauspieler beschäftigt ihr Euch tagtäglich mit dem Stilmittel Sprache in all ihren Facetten. Und ihr müsstet wissen, wie sie wirkt. ... Es ist schon echt sauschade, dass ihr zu fünfzigst auf kein genaueres Instrument gekommen seid. Umarmung, Nora"
- Schauspielerin Meret Becker ("Tatort") und ihr Kollege Ken Duken ("Traumfabrik") entschuldigen sich am Freitagmittag. Kunst müsse Fragen stellen können, sagte Becker in einem Beitrag bei Instagram. "Aber diese Aktion ist nach hinten losgegangen." Sie werde das Video runternehmen lassen. "Und ich entschuldige mich dafür, dass das falsch verstanden werden konnte." Becker sagte nun, sie lasse sich impfen, trage Maske, halte Abstand und lasse sich testen, wenn sie mit Menschen in Kontakt trete. Ken Duken schrieb bei Instagram, er distanziere sich von rechtem Gedankengut und rechten Ideologien. Die Gefahr, die von der Corona-Pandemie ausgehe, sei ihm mehr als bewusst. Er habe sich auch nicht über die Opfer oder ihre Angehörigen lustig machen wollen. "Ich befürworte sinnvolle Maßnahmen und eine Impfstrategie. Diese Aktion ist gründlich in die Hose gegangen. Ich entschuldige mich für jegliche Missverständnisse."
Auch die Presse in Deutschland kommentiert die Aktion #allesdichtmachen der Schauspiel-Stars überwiegend kritisch.
Pressestimmen zu #allesdichtmachen
- "Ja, die Kulturbranche leidet seit mehr als einem Jahr, etliche stehen vor dem Ruin, die Hilfen sind unzureichend. Aber diese Aufnahmen zeigen privilegierte, gut verdienende Menschen, viele von ihnen sind etablierte „Tatort“-Darsteller. Ist ihre Teilnahme ein Zeichen von Zivilcourage oder nicht eher von Wohlstandsverwahrlosung? ... Die Prominenten, allen voran Jan Josef Liefers, begehen zudem einen Logikfehler, den man ebenfalls von der Querdenken-Fraktion kennt: Sie unterstellen, die Befürworter der Sicherheitsmaßnahmen seien regierungstreu, ja untertänig. Das ist grob falsch." - Der Tagesspiegel
- "Immerhin: Heike Makatsch war es peinlich, in welche Gesellschaft sie damit geraten war. Sie zog ihr Video zurück und „bereute zutiefst“, dass sie „rechten Demagogen in die Hände gespielt“ habe. Von den anderen 52 war eine ähnliche Einsicht nicht zu vernehmen. Zwar kann man verstehen, dass viele Schauspieler darunter leiden, seit mehr als einem Jahr keine Auftritte mehr zu haben. Wird der Blick auf die Pandemie und ihr Opfer jedoch allein vom eigenen Kontostand bestimmt, dann haben die 53 bei ihrer Video-Aktion sich für eine ganz traurige Rolle entschieden – die des zynischen, menschenverachtenden Ichlings. Was für ein schäbiges, beschämendes Theater!" - Focus
- "Ja, wir brauchen Kritik. Nein, wir brauchen nicht diese Kritik. Die tut nur so, als würde sie Vielfalt liefern. Sie denunziert die Regierung, die Medien, die Wissenschaft. Und sie stellt sich als Durchblicker da. Die Macher von allesdichtmachen.de wollen nicht das Gespräch, sondern Recht bekommen. Erschreckend, dass so viele Schauspielerinnen und Schauspieler diesem Dogmatismus Stimme, Gesicht und ihren Namen gegeben haben. Und gut, dass unter #allesschlichtmachen ihnen viele Kolleginnen und Kollegen widersprechen." - BR KulturBühne
- "Regierungs- und Medienkritik ist so wichtig wie nötig in diesen Zeiten. Natürlich wurde und wird da sehr viel Murks gemacht. Natürlich darf und soll man das sagen. Aber wenn eine Reihe eher privilegierter Künstler unterstellt, die Verantwortlichen hätten Lust an all den Verboten und Geboten, dann ist das mindestens egozentrisch." - Hamburger Morgenpost